Opioide: Erster Erfolg bei Suche nach Alternativen
Archivmeldung vom 28.02.2018
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittForscher unter der Leitung der University of Cambridge haben ermittelt, wie sich das natürliche System des Gehirns zur Schmerzbeseitigung als mögliche Alternative zu Opioiden als Behandlung von chronischen Schmerzen einsetzen lässt. Von chronischen Schmerzen ist einer von drei Menschen irgendwann einmal in seinem Leben betroffen.
Eigene Schmerzausschaltung
Das Team hat einen Bereich des Gehirns lokalisiert, der für die endogene Analgesie, also das eigene System des Gehirns zur Schmerzausschaltung, wichtig ist. Die in "eLife" veröffentlichten Ergebnisse könnten zu Therapien führen, die das System durch die Stimulierung dieses Gehirnbereichs aktivieren. Dabei würden die gefährlichen Nebenwirkungen der Opioide nicht mehr auftreten.
Opioide wie Oxycodon, Hydrocodon und Fentanyl übernehmen das endogene analgetische System, das macht sie zu so wirksamen Schmerzmitteln. Sie sind jedoch auch stark suchterzeugend. Das hat zu einer Opioid-Krise in den USA geführt. Eine Überdosis ist heute die führende Todesursache bei Menschen unter 50 Jahren. Opioid-Überdosen sind für zwei Drittel dieser Todesfälle verantwortlich.
"Gesunden Schmerz" nutzen
Laut Forschungsleiter Ben Seymour versuchen die Forscher derzeit zu verstehen, was das endogene analgetische System genau ist, wie es arbeitet und wo es im Gehirn kontrolliert wird. "Wenn wir das herausfinden, könnte es neue Behandlungsansätze geben, die bei der Behandlung von Schmerzen sehr viel selektiver sind." Laut Seymor kann Schmerz tatsächlich bei der Heilung helfen, da er den Drang, unnötige Dinge zu tun, unterdrückt. Das könne in einem gewissen Sinn als "gesunder Schmerz" angesehen werden.
"Also, warum kann das Gehirn dieses Signal manchmal ablehnen?", fragt er. Die Forscher nahmen an, dass dieser "gesunde Schmerz" fallweise ein Problem darstellen kann. Das gelte vor allem dann, wenn Menschen aktiv etwas tun könnten, das hilft, wie zum Beispiel, eine Möglichkeit zu suchen, um eine Verbrennung zu kühlen. In diesen Situationen könnte das Gehirn das System zur Schmerzbeseitigung aktivieren, um aktiv nach Erleichterung zu suchen.
Um das zu beweisen und herauszufinden, wo im Gehirn dieses System aktiviert wird, haben die Forscher zwei Experimente mit Technologien der Gehirn-Scans entwickelt. Beim ersten Experiment brachten sie eine Metallsonde am Arm einer Reihe gesunder Freiwilliger an. Sie wurde bis zu dem Grad erhitzt, dass Schmerzen entstanden, aber es zu keiner Verbrennung kam. Die Teilnehmer spielten dann eine Art von Glücksspiel, bei dem es darum ging herauszufinden, welche Taste auf einem kleinen Keypad die Sonde kühler werden ließ. Der Schwierigkeitsgrad wurde während der Experimente verändert. Manchmal war es leicht, die Temperatur zu senken, manchmal schwer.
Gehirn erinnert sich fundamental
Während der Tests machten die Teilnehmer immer wieder Angaben zu ihren Schmerzen. Zusätzlich wurde die Gehirnaktivität überwacht. Das Ausmaß der Schmerzen, das die Freiwilligen erlebten, stand in Zusammenhang damit, wie viel Information bei der Aufgabe in Erfahrung gebracht wurde. Versuchten die Teilnehmer aktiv herauszufinden, welche Taste sie drücken sollten, verringerte sich der Schmerz. Wussten sie, welche Taste die richtige war, fand das nicht statt. Das Gehirn verarbeitete also die Vorteile der aktiven Suche nach Erleichterung und erinnerte sich in der Folge daran. Das wurde zur Kontrolle des Schmerzes eingesetzt.
Beim zweiten Experiment konnte das Signal in einer einzelnen Region des präfrontalen Cortex, dem prägenualen cingulären Cortex, identifiziert werden. Diese Ergebnisse zeichnen ein Bild davon, warum und wie das Gehirn unter bestimmten Bedingungen entscheidet, den Schmerz auszuschalten. Der prägenuale cinguläre Kortex ist dabei laut Seymor das entscheidende Zentrum zur Kontrolle von Schmerzen im Gehirn. Die Forscher wollen nun herausfinden, wie sich dieses Zentrum zur Behandlung von chronischen Schmerzen einsetzen lässt.
Quelle: www.pressetext.com/Moritz Bergmann