Was macht die Kröte zu einem erfolgreichen "Global Player"?
Archivmeldung vom 11.02.2010
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittWarum sind manche Tiergruppen weltweit verbreitet, während andere nur räumlich begrenzt vorkommen? Ein internationales Forschungsteam mit Beteiligung der Universität Basel zeigt auf, dass bei den weltweit verbreiteten Kröten sieben Merkmale wesentlich für diesen Erfolg verantwortlich sind. Ihre im Wissenschaftsmagazin "Science" veröffentlichten Erkenntnisse tragen dazu bei, etwa das Problem der invasiven Arten besser zu verstehen.
Während die meisten Amphibiengruppen auf einzelne Landmassen wie Afrika oder Südamerika beschränkt sind, kommt eine davon, jene der Kröten (Bufonidae), weltweit auf nahezu allen Kontinenten vor. Die Kröten sind darüber hinaus eine faszinierende Gruppe der Lurche, weil sie über ein breites Spektrum von Fortpflanzungsstrategien verfügen und zahlreiche Lebensräume mit unterschiedlichen ökologischen Nischen besetzen. Die Forschungsgruppe, zu der Dr. Simon Loader vom Fachbereich Biogeographie am Departement Umweltwissenschaften der Universität Basel gehört, wollte herausfinden, warum ein solcher Ausbreitungserfolg zustande kommen kann. Sie postulierte, dass die Vielfalt von Eigenschaften mit den Gründen für die weltweite Präsenz verknüpft sein könnte; dies wurde mit umfangreichen phylogenetischen und ökologischen Daten überprüft.
Unter Verwendung der Verbreitungsdaten wurde nach einer Verbindung zwischen der Grösse des Verbreitungsgebiets und mehreren ökologischen und physiologischen Eigenschaften gesucht: Abhängigkeit von Gewässern, Besitz von Ohrdrüsen, Fettkörper im Leistenbereich, Fortpflanzung durch Eiablage und in temporären Gewässern, Existenz von sich aktiv aus der Umgebung ernährenden Kaulquappen, Gelegegrösse, Körpergrösse. Nachgewiesen wurden starke Korrelationen mit allen diesen Eigenschaften. Weitere statistische Auswertungen belegten, dass jene Arten, die über alle sieben Eigenschaften verfügten, die erfolgreichsten globalen Besiedler repräsentierten.
Die evolutionären Verwandtschaftsverhältnisse innerhalb der Familie der Kröten wurde auf der Basis von DNA-Analysen von etwa 43% (über 220 Arten) der bekannten Biodiversität dieser Gruppe rekonstruiert. Die genetische Auswertung - mit Hilfe der sogenannten "molekularen Uhr" - erbrachte zudem Kenntnisse über die absolute zeitliche Einordnung der Art- und Gruppenaufspaltungen. Die unterschiedlichen Ausbreitungsfähigkeiten der einzelnen evolutionären Linien im zeitlichen Verlauf der Evolution belegten, dass morphologisch ähnliche oder gleiche "Kröten-typische" Merkmale mehrfach unabhängig voneinander gebildet wurden: Es waren jene, die das so charakteristische, durch warzige, dicke Haut gekennzeichnete Erscheinungsbild (Phänotyp) der Kröten repräsentieren.
Weiter liess sich ableiten, dass die Ausbreitungsfähigkeiten mit dem allmählichen Erwerb der sieben adaptiven Eigenschaften zunahmen und diese schliesslich bei Erreichen des perfekten "Kröten-Phänotyps" optimal waren. Hierdurch wurde die weltweite Ausbreitungswelle dieser Tiere im Oligozän vor 25 bis 35 Millionen Jahren ausgelöst, unmittelbar gefolgt von einer deutlichen Zunahme seiner Diversifizierungsrate. Es liegt nahe, zu vermuten, dass ein vergleichbarer Ablauf auch für andere Organismengruppen und Biodiversitätsmuster heute und in der Vergangenheit bedeutsam ist und war.
Quelle: Universität Basel