Karosserieleichtbau mit Keramik
Archivmeldung vom 05.12.2008
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Freigeschaltet durch Oliver RandakWissenschaftlern ist es gelungen, synthetische Perlmutt-Blöcke zu entwickeln, die die selben stabilen Eigenschaften von Aluminium-Legierungen haben. Darüber hinaus haben sie noch den Vorteil, dass sie leichter sind.
Geringerer Verbrauch und größere Reichweite könnte Fahrzeuge und Flugzeuge mit Keramikhüllen in naher Zukunft auszeichnen. Dieses Ziel im Blick kopierten amerikanische Forscher die Materialstruktur von Perlmutt aus Muschelschalen. Wie sie in der Zeitschrift "Science" berichten, gelang ihnen die Synthese von größeren und leichten Keramikblöcken, die so stabil und bruchfest sind wie Metalllegierungen mit Aluminium. Bisher klappte das allerdings erst für dünne Keramikschichten. Aus ihnen ließen sich noch keine tragenden Karosserieteile fertigen.
"Man kann Keramiken statt Stahl für den Fahrzeugrahmen nutzen und dadurch Treibstoff sparen", sagt Robert Ritchie vom Department of Materials Science and Engineering an der University of California in Berkeley. Gemeinsam mit Kollegen vom Lawrence Berkeley National Laboratory fertigte er eine künstliche Perlmutt-Keramik aus Aluminiumoxid und dem Kunststoff Polymethylmethacrylat (PMMA). Die einige Zentimeter größen Blöcke vereinten Stabilität mit einer großen Bruchfestigkeit, die Anwendungen im Karosserieleichtbau und für medizinische Prothesen möglich werden lassen.
Das Geheimnis der herausragenden Eigenschaften liegt in dem mikrostrukturierten Aufbau dieses Kompositmaterials. Als Vorbild diente das natürliche Perlmutt in Muschelschalen, die zu 95 Prozent aus brüchigem Kalziumkarbonat und 5 Prozent organischem Material als stabilisierenden Mörtel bestehen. Für den Nachbau im Labor nutzte Ritchie einen geschickten Gefriervorgang, durch den sich Partikel aus Aluminiumoxid entlang von Eiskristallen streng symmetrisch anordneten. Nach dem Verdampfen des Wassers blieben Lücken zurück, die die Forscher mit dem PMMA-Kunststoff auffüllten.
Mit etwa fünf Millionstel Metern sind die Strukturen im künstlichen Perlmutt noch etwa zehnmal größer als im natürlichen Vorbild. Hier sehen die Wissenschaftler noch Entwicklungspotenzial, um die Stabilität und Bruchfestigkeit noch weiter steigern zu können. Zugleich wollen sie den Kunststoff-Anteil von derzeit 20 Prozent noch weiter senken. Denn bisher ist ihre Hybrid-Keramik wegen der eingelagerten Polymere noch nicht sehr hitzestabil. Daher arbeitet Ritchie auch an der Einlagerung von Metallen in die Keramiklücken, wodurch das Material auch bei mehreren hundert Grad stabil bleiben soll.
Gelingt es, auf diese Weise weitere stabile und bruchfeste Werkstoffe im Labormaßstab herzustellen, muss das Verfahren für noch größere Materialstücke und für eine Serienproduktion optimiert werden. Wegen der geringen Kosten für die Ausgangssubstanzen lockt eine günstige Alternative zu teuren Karbonfasern, die bereits heute im der Luft-und Raumfahrttechnik genutzt werden. Danach kann der Schritt zu einem Auto mit leichten, tragenden Teilen aus künstlichem Perlmutt und angetrieben von einem Elektromotor folgen.