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Das CERN kreist mit Berner Beteiligung das Higgs-Teilchen ein

Archivmeldung vom 13.12.2011

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 13.12.2011 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt
Bild: Nikolai Schwerg at de.wikipedia
Bild: Nikolai Schwerg at de.wikipedia

Noch nicht gefunden – aber alle Zeichen deuten auf seine Existenz hin: Das Higgs-Teilchen, welches die Physikerinnen und Physiker am CERN, dem Europäischen Laboratorium für Teilchenphysik in Genf jagen, wird eingekreist. Das vermelden die beteiligten Forschungskollaborationen. Aufgrund der Daten, die sie in den 18 Monaten seit dem Start des weltgrössten Teilchenbeschleunigers «Large Hadron Collider» (LHC) gesammelt haben, liegen den Wissenschaftlern Hinweise zur Existenz des im Standardmodell vorhergesagten Teilchens vor. Das Higgs-Feld, das nach dem schottischen Physiker Peter Higgs benannt wird, soll allen Teilchen ihre Masse verleihen. Das macht das Higgs-Teilchen zu einem wichtigen Bestandteil im geltenden Verständnis der Physik und deshalb wird es manchmal auch das «Gottesteilchen» genannt.

Die Analyse der bisherigen Daten zeigt, dass bei einem bestimmten Massenwert (125 Gigaelektronenvolt) «mehr charakteristische Ereignisse auftauchen, als es geben würde, wenn das Higgs-Teilchen nicht existierte», erklärt der am ATLAS-Experiment beteiligte Berner Physiker Hans Peter Beck. Die Wissenschaftler stellen aber klar, dass «es zu früh für Schlussfolgerungen ist»: Es braucht mehr Daten, um den noch offenen Massenbereich von 116 bis 130 Gigaelektronenvolt endgültig abzudecken. Das ist der Bereich, in dem das Higgs-Teilchen sich überhaupt noch tummeln kann, die anderen Bereiche wurden gründlich «abgesucht». Beck rechnet damit, dass bis Ende nächstes Jahr definitiv klar ist, ob das Higgs-Teilchen existiert oder nicht. «Mit etwas Glück gehts sogar schneller.»

Der LHC-Teilchenbeschleuniger und die vier Detektoren

Um in bislang unerreichte Dimensionen im Verständnis der Elementarteilchen vorzudringen, lassen die Physikerinnen und Physiker des CERN im 27 Kilometer langen unterirdischen LHC Protonenstrahlen mit je 3,5 Teraelektronenvolt kreisen und mit beinahe Lichtgeschwindigkeit kollidieren. Bei dieser höchsten jemals künstlich erzeugten Kollisionsenergie simulieren sie den Urknall vor rund 14 Milliarden Jahren – und erhoffen sich ein besseres Verständnis über den Aufbau des Universums. Um das Higgs-Boson – und andere neue Kleinstteilchen – zu entdecken und nachzuweisen, wurden vier riesige Detektoren (ATLAS, CMS, LHCb und ALICE) um die vier Kollisionsstellen am LHC aufgebaut; der grösste würde die Kathedrale Notre-Dame in Paris zur Hälfte füllen, während der schwerste mehr Eisen enthält als der Eiffelturm.

Mit dem ATLAS-Detektor mit seinen sensiblen und ausgeklügelten Spurendetektoren, Kalorimetern, Müon-Spektrometern und hochpotenten Magnetfeldern versucht eine internationale Forschungskollaboration mit Berner Beteiligung den Kleinstteilchen auf die Schliche zu kommen, welche aus den Proton-Proton-Kollisionen entstehen. Das stellt die Wissenschaft schon von Beginn weg vor grosse Herausforderungen: Von den 600 Millionen Proton-Proton-Kollisionen, die pro Sekunde im ATLAS-Detektor stattfinden, sind nur gerade 200 interessant genug, um deren Daten zu analysieren. Bei dieser Datenselektion ist der Physiker Hans Peter Beck federführend, er spielt seit 1997 bei der Systemarchitektur der Ereignisselektion und deren Inbetriebnahme eine führende Rolle. Sigve Haug erstellte in Bern einen grossen Grid-Computer-Cluster (500 CPU cores und 200 Terabytes an Diskspeichern), um die riesige Daten-Menge zu bewältigen.

Die Universität Bern am weltgrößten Physik-Experiment

Hans Peter Beck und Sigve Haug sind nicht die einzigen Berner am CERN: In der ATLAS-Kollaboration arbeitet derzeit eine Gruppe von 14 Forschenden unter der Koordination von Michele Weber vom Laboratorium für Hochenergiephysik (LHEP) mit. Kenntnisse über die Ereignisselektion, sowie die Kalibration zur Messung von Teilchenspuren sind wichtige Berner Beiträge in der Suche nach neuen physikalischen Effekten. Berner Messungen der Eigenschaften von bereits bekannten Teilchen des Standardmodells bilden ausserdem die Grundlage für die Suche nach neuen Teilchen, wie dem Higgs-Boson oder anderen vorhergesagten Teilchen. Die Universität Bern ist seit den ersten Planungsphasen im 1992 am ATLAS-Projekt mit dabei, erst unter der Leitung von Klaus Pretzl, der 1994 auch der erste Vorsteher des Kollaborationsboard war und seit 2006 unter Antonio Ereditato, Direktor des LHEP und des neu etablierten Albert Einstein Center for Fundamental Physics.

Quelle: Universität Bern (idw)

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