Plattentektonik komplexer als bisher angenommen
Archivmeldung vom 28.01.2008
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittDort wo Erdplatten aneinander stoßen, kommt es häufig zu großen Erdbeben und Vulkaneruptionen. Besonders ausgeprägt sind diese Zonen rund um den Pazifik, wo sich vor der Küste meist ein Tiefseegraben befindet, an dem die schwerere ozeanische Platte unter die leichtere kontinentale abtaucht.
Das dabei in großer Tiefe freigesetzte Wasser führt zum teilweisen
Schmelzen des überlagernden Erdmantels und zur Bildung von Vulkanketten
an der Erdoberfläche parallel zur Küste. Im Rahmen des
Sonderforschungsbereichs 574 "Fluide und Volatile in Subduktionszonen:
Klima-Rückkopplungen und Auslösemechanismen von Naturkatastrophen", der
an der Kieler Christian-Albrechts Universität und am Leibniz-Institut
für Meereswissenschaften (IFM-GEOMAR) angesiedelt ist, haben
Wissenschaftler die Prozesse beim Abtauchen (Subduzieren) einer solchen
Platte genauer untersucht. Zielgebiet war die Subduktionszone
Mittelamerikas entlang der pazifischen Küste von Nicaragua bis Costa
Rica.
Die Daten und Erkenntnisse von mehreren Expeditionen hinsichtlich Zusammensetzung und Alter der Vulkangesteine, wie auch der seismischen Eigenschaften des Untergrunds, ermöglichen nun den Nachweis und die quantitative Abschätzung der Fließrate im Erdmantel unter dem Vulkanbogen. Die Ergebnisse beweisen, dass Bewegungen im Erdmantel nicht nur parallel zu den Plattenbewegungen stattfinden. "Was uns wirklich erstaunt hat ist die Tatsache, dass es auch einen so bedeutenden Mantelfluss parallel zur Küste gibt", so SFB 574 Sprecher Prof. Dr. Kaj Hoernle vom IFM-GEOMAR.
"Die ozeanische Platte wandert etwa mit 85 mm pro Jahr auf die Küste zu, die Querströmung des Erdmantels liegt mit geschätzten 60 bis 190 mm pro Jahr in der gleichen Größenordnung", führt Hoernle weiter aus. "Bisher wurde dies weltweit in Modellen von Subduktionszonen nicht berücksichtigt. Für die Abschätzung der Schmelzprozesse und Gasgehalte der Laven ist dies aber wichtig, denn es trägt zum globalen Verständnis der großräumigen Transportmechanismen von Materialien in Subduktionszonen bei. Außerdem unterstützen die neuen Erkenntnisse die Abschätzung von Flussraten klimarelevanter vulkanischer Gase zur Erdoberfläche und weiter in die Atmosphäre. Weiterhin können die neuen Modelle helfen, die Risiken von Naturgefahren in Subduktionszonen besser bewerten zu können. Hier erleben wir nämlich die größten und gefährlichsten Vulkaneruptionen und Erdbeben."
Der Sonderforschungsbereich 574 "Fluide und Volatile in Subduktionszonen: Klima-Rückkopplungen und Auslösemechanismen von Naturkatastrophen", der im Jahr 2001 eingerichtet wurde, hat zum Ziel, die Prozesse beim Abtauchen von Erdplatten besser zu verstehen und zu quantifizieren, um auf dieser Basis bessere Risikoabschätzungen für die damit verbundenen Naturgefahren sowie den Einfluss auf unser Klima zu ermöglichen. An der Studie, die jetzt im internationalen Wissenschaftsjournal "Nature" erscheint, waren auch Partner verschiedener Einrichtungen in den USA, Costa Rica und Nicaragua beteiligt.
Quelle: Leibniz-Institut für Meereswissenschaften, Kiel