Frauen, die Mumien zur Welt bringen – Mythos oder Realität?
Archivmeldung vom 22.03.2014
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittFrauen, die Mumien zur Welt bringen – das klingt nach einem reifen Bestseller-Titel, schreibt Aljona Rakitina in ihrem Beitrag bei Radio „Stimme Russlands". Allerdings geht es heute nicht um Früchte der Schriftstellerphantasie, sondern um die menschliche Frucht, die im Leibe der Mutter für mehre Jahre als Mumie blieb. Und niemand hätte je davon erfahren, wenn da nicht seine Majestät der Zufall eingegriffen hätte.
Rakitina weiter: "Ende März wurde in ein Krankenhaus im brasilianischen Natividad eine 84-jährige Frau eingeliefert, die sich über starke Bauchschmerzen beschwerte. Nach einer Röntgenbestrahlung konnten die Ärzte kaum ihren Augen glauben: im Bauch der Rentnerin lag eine versteinerte Frucht, die Merkmale eines Alters von 20 bis 28 Wochen hatte. Weitere Untersuchungen ergaben, dass das Baby im Körper der Brasilianerin rund 44 Jahre alt war.
Wie das möglich ist? Warum sich die Frau nicht schon früher an die Ärzte gewandt hat und wie sie ein so langes Leben gelebt haben konnte mit einer Mumie im Bauch? Um das herauszufinden, wandte sich die „Stimme Russlands" an die Hebamme und Gynäkologin Jekaterina Semjonowa:
„In diesem Fall handelt es sich um ein Lithopädion – ein sehr rares Phänomen – bei dem die Frucht während einer Bauchhöhlenschwangerschaft stirbt. In der Regel kann die Mutter kein abdominales Kind austragen. Hier gibt es zwei Szenarien. Entweder kommt es schon nach einer kurzen Frist zu einer Fehlgeburt, wobei das Risiko für die Mutter bei fehlender medizinischer Hilfe wegen großer Blutung sehr hoch ist.
Ooder aber, was sehr selten vorkommt, es gelingt der Frau, das Kind auszutragen. In der Regel unterhalten die Ärzte eine solche Schwangerschaft nie, weil das Risiko für die Mutter einfach zu hoch ist. Erfolgreiche Niederkünfte bei Bauchhöhlenschwangerschaft kann man an den Fingern abzählen. Zum Lithopädion kann es ab der 16 Schwangerschaftswoche bis hin zum Ende der Frist kommen. Ich sage jedoch noch einmal, dass es ein äußerst seltener Fall ist.
Größtenteils kommt so etwas bei Frauen vor, die während der Schwangerschaft aus verschiedenen Gründen nicht von Gynäkologen betreut werden. Fast alle Frauen, bei denen versteinerte Frucht festgestellt wurde, lebten auf dem Land, wo es keine angemessene ärztliche Betreuung gab.
Dies war auch bei der 84-jährigen Brasilianerin der Fall. Laut Dr. Gesneria Saraiva Kratka, die die Rentnerin untersuchte, hat ihre Patientin bei der Schwangerschaft vor 44 Jahren eine Schamanin konsultiert, die ihr einen Kräutertee verabreichte, um ihre Schmerzen zu lindern. Die Schmerzen waren weg, genauso wie die Wehen. Die wenig erfahrene Frau beschloss daraufhin, dass sie eine Fehlgeburt hatte.
Über Prozesse, die sich anschließend im Körper der Patientin abspielten, erzählt Jekaterina Semjonowa:
„Das Baby starb tatsächlich. Doch aus der Medizin unbekannten Gründen blieb es im Bauch der Frau. Weil die Frucht zu groß war, um vom Körper aufgelöst zu werden, wurde sie kalzifiziert – bekam eine Kalzium-Beschichtung und wurde steinhart. Auf diese Weise konnte sich der Mutterkörper vor der Verseuchung durch die Nekrose schützen.“
In den letzten paar Jahren wurden mehrere ähnliche Fälle bei älteren Frauen registriert. So fand man im Dezember 2013 im Bauch einer 82-jährigen Kolumbianerin ein 40-jähriges Lithopädion entdeckt. Im Februar 2012 fand man im Körper einer 70-jährigen Inderin eine 35-jährige versteinerte Frucht. Über den Fall der Marokkanerin Zahra Aboutalib, die 46 Jahre lang in ihrem Bauch einen versteinerten Sohn getragen hat, wurde im Rahmen des Projekts „Extraordinary People“ vom Channel 5 sogar ein spannender Dokumentarfilm gedreht.
Man kann nur immer wieder darüber staunen, welche Überraschungen uns diese vielfältige Welt beschert. Es gibt so Vieles, was nicht in den gewöhnlichen alltäglichen Rahmen passt, was wir noch zweifellos zu erfahren bekommen werden. Dabei bekommt man nur noch mehr Lust, diese Welt zu erforschen und zu beobachten – sie ist es wahrhaftig Wert!"
Quelle: Text Aljona Rakitina - „Stimme Russlands"