USA: Zugang zu Forschungsergebnissen in Gefahr
Archivmeldung vom 10.01.2012
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittIn den USA wird der freie Zugang zu wissenschaftlichen Erkenntnissen wieder einmal heiß debattiert. Seit 2008 schreibt das Forschungsland Nr. 1 gesetzlich vor, dass alle staatlich geförderten Forschungsergebnisse ein Jahr lang auf einer Online-Datenbank kostenlos zugänglich sind. Eine Regelung, die den Herausgebern der wissenschaftlichen Journals ein Dorn im Auge ist: Der "Research Works Act", ein aktueller Gesetzesvorschlag im US-Repräsentantenhaus, soll das Ruder herumwerfen und öffentlichen Einrichtungen die Internet-Publikation steuerfinanzierter Forschung sogar verbieten.
Forscher aus zahlreichen US-Universitäten lassen an diesem Vorstoß erwartungsgemäß kein gutes Haar. Auch Ulrike Felt, Vorständin des Instituts für Wissenschaftsforschung der Universität Wien, erkennt darin bloß die Stärkung der ökonomischen Logik der Forschung. "Derartige Schritte dienen den zwar legitimen Interessen der Verlage, jedoch nicht der Öffentlichkeit. Wir brauchen nicht zusätzliche Hürden, sondern einen möglichst schnellen, unkomplizierten Zugang zu Forschung", so die Expertin im pressetext-Interview.
Auch in Europa hinterfragt man öfters, wie oft Steuerzahler für subventionierte Forschung bezahlen müssen. Eine Verpflichtung zur Veröffentlichung nach dem US-Vorbild gibt es hierzulande nicht. Dennoch können Wissenschaftler teils eigene Mittel beantragen, um aus Steuertöpfen finanzierte Studien zu veröffentlichen, berichtet Felt. Ideal ist diese Struktur nicht. "Es kostet in der Regel einige tausend Euro, um einen Artikel eines Journals für den freien Zugang freizukaufen. Diese Gelder gehen der Forschung aufgrund des gedeckelten Fördersystems anderswo ab."
Alternativen nötig
Felt stellt in Frage, wie lange das derzeitige Herausgeber-orientierte Publikationssystem noch weiter besteht. "Entweder ist Forschung bloß Teil eines ökonomischen Betriebes, oder sie gehört der Gesellschaft. Zunehmend zeigt sich, dass es Alternativen zum bisherigen Modell gibt, die auch kostendeckend sein können. Technisch ist die Bereitstellung durch das Internet ohnehin kein Problem mehr." Dass die Verlagerung von Papier auf Online automatisch ein Kostenersparnis bedeute, sei jedoch angesichts der hohen Gutachter- und Organisationskosten ein Irrglaube, warnt die Expertin.
Denn gerade die Qualitätssicherung durch die Gutachter - die sogenanntem "Peer Reviewer" - ist für Open-Access-Modelle ein springender Punkt. "Bisher gibt es noch keine schlüssige Alternative zur doppelblinden Begutachtung von Studien vor der Veröffentlichung. Offene Begutachter werden immer Gefahr laufen, taktisch und vorsichtiger zu urteilen", bemerkt Felt. Falle durch Open Access das Renommee der einzelnen Journals als weiteres Kriterium weg, sei dies zwar unmittelbar eine Gefahr, langfristig jedoch der richtige Weg, glaubt die Expertin.
Quelle: www.pressetext.com/Johannes Pernsteiner