Forscher bestätigen unerwartete Wirkung von Düften auf Zellebene
Archivmeldung vom 09.07.2010
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittEin in bestimmten Pflanzenblüten enthaltener Duft hat gleich starke beruhigende und angstlösende Wirkung wie viele der häufigsten Psychopharmaka. Das haben Forscher der Universitäten Bochum und Düsseldorf nun erforscht, patentiert und im "Journal of Biological Chemistry" publiziert. Ihre Entdeckung ist ein Wissenschaftsnachweis für Grundlagen der Aromatherapie - und könnte bald zu neuen Therapieformen mit weniger Nebenwirkungen führen.
Es handelt sich dabei um den Duftstoff
Veracetal und dessen chemisches Pendant. Er stammt aus der Gardenie
(Gardenia Jasminoides), einer ostasiatischen Strauchpflanze mit
jasmin-ähnlichem Duft. "Wir zeigten, dass einzelne Moleküle dieses
Blütendufts gleich wirken wie viele Beruhigungsmittel. Diese
Natursubstanzen werden Tabletten nicht ersetzen. Doch ist es
realistisch, dass in Zukunft Menschen, die etwa wegen Schlafstörungen
unnötig Valium oder andere Benzodiazepine einnehmen, auf solche Stoffe
wechseln können", erklärt Studienleiter Hanns Hatt im
pressetext-Interview.
Gleicher Wirkungsgrad
Beruhigungsmittel wie Benzodiazepine, Barbiturate und Narkosemittel
wie Propofol entfalten ihre Wirkung an Haftstellen von Rezeptoren im
Gehirn. In geringer Dosierung verstärken sie den Effekt des Botenstoffs
GABA, der diese Rezeptoren hemmt, um das drei- bis fünffache. Die
Forscher testeten nun bei 100 verschiedenen Duftstoffen, ob diese
dieselbe Reaktion auslösen. Bei den zwei genannten Düften war dies der
Fall. Bei ihnen war die Wirkung auf die Rezeptoren sogar fünf- bis
zehnmal höher wie zuvor.
Geruch nicht wesentlich
"Diese Wirkung bestätigte sich in Mäuse-Verhaltenstests sowie auch
auf Molekülebene für die Nervenzellen, die für den Schlaf-Wach-Rhythmus
zuständig sind", berichtet der Bochumer Zellphysiologe. Dabei war nicht
das Geruchsempfinden über die Nase, sondern die Aufnahme im Gehirn über
Atmung und Blutkreislauf entscheidend. Testeten die Forscher transgene
Mäuse, die nicht auf Propofol reagieren, war auch die Wirkung der
Duftstoffe auf die Rezeptoren blockiert. Das beweist ebenfalls den
Wirkmechanismus. Als nächstes will man Tests an Menschen durchführen.
Nachweise für Düfte bisher rar
Interessant ist die Forschung auch, da sie eine Grundlage der Aromatherapie wissenschaftlich beweist. Zuvor ist das bisher nur beim Aromastoff Linalool gelungen . "Die Aromatherapie sagt schon lange, dass Jasmin-ähnliche Dufteindrücke schlaffördernd sind. Wir konnten das nun bestätigen", so Hatt. Um weitere Details der Aromatherapie zu bestätigen, sei die klare Distanzierung von Esoterik und Exotik nötig, betont der Experte.
Quelle: pressetext.deutschland Johannes Pernsteiner