Supernova blitzt im Röntgenlicht
Archivmeldung vom 02.09.2006
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittEine internationale Forschergruppe, an der auch Wissenschaftler des Max-Planck-Instituts für Astrophysik in Garching beteiligt waren, hat erstmals einen schwachen Gammablitz beobachtet, der bei der Supernova eines relativ massearmen Sterns aufflackerte. Bei dieser Explosion kollabierte der Kern zu einem Neutronenstern.
Bislang hatten Astronomen angenommen, dass solche Gammablitze nur in Verbindung mit Supernovae auftreten, bei denen besonders massereiche Sterne zu einem Schwarzen Loch zusammenfallen. (Nature, 31. August)
Wenn Sterne sterben, kollabiert ihr Kern innerhalb von
Sekundenbruchteilen. Die Folge: Eine Supernova, bei welcher die Hülle des Sterns
in einer gewaltigen Explosion auseinandergesprengt und ins All geschleudert
wird. Die Kernreaktionen bei der Explosion und die Energie der Explosionswelle,
die das Sterngas stark erhitzt, lassen zerberstende Sterne hell aufleuchten -
mehrere Tage strahlt eine Supernova dann so hell wie eine ganze Galaxie.
Doch Supernova ist nicht gleich Supernova: Während der Kern besonders
massereicher Sterne vermutlich zu einem Schwarzen Loch kollabiert, fallen
leichtere Sterne zu einem dichten Neutronenstern zusammen. Diese Objekte
vereinigen bis zu drei Mal mehr Masse auf sich als die Sonne - bei einem
Durchmesser von im Schnitt 20 Kilometern.
Als der Swift-Satellit der NASA
am 18. Februar 2006 den Röntgenblitz XRF 060218 registrierte, identifizierte die
internationale Gruppe von Astronomen eine Supernova als Quelle. Das war das
erste Mal, dass Astronomen einen Röntgenblitz aufzeichneten, der eine Supernova
begleitet hat. Zuvor gelang Astrophysikern dies nur bei Gammastrahlenblitzen -
10 bis 100 Sekunden andauernden Ausbrüchen hochenergetischer Gammastrahlung -,
die von Sternenexplosionen stammten. Diese haben sie allerdings nur gemessen,
wenn ein extrem schwerer Stern, nämlich etwa von 40-facher Sonnenmasse, zerbarst
und dabei besonders viel Energie freisetzte. Im Vergleich zu Gammastrahlen haben
Röntgenstrahlen eine größere Wellenlänge und weniger Energie. Wegen ihrer
geringeren Helligkeit sind Röntgenblitze wesentlich schwieriger zu lokalisieren
als Gammastrahlenblitze.
Die Supernova, die den Röntgenblitz XRF 060218
freisetzte, ereignete sich nur 430 Millionen Lichtjahre von der Erde entfernt -
nah genug, damit die Astronomen die neu entdeckte Energiequelle auch mit den
Achtmeterspiegeln des Very Large Telescope der Europäischen Südsternwarte in
Chile beobachten konnten. Dort zeichneten die Wissenschaftler des
Max-Planck-Instituts für Astrophysik, des Italienischen Nationalen Instituts für
Astrophysik und der Universitäten Berkeley und Tokio in den folgenden Tagen
Energiespektren auf, die sie eindeutig einer Supernova zuordneten.
Allerdings erreichte diese Sternenexplosion, welche die Bezeichnung SN
2006aj erhielt, nicht ganz die Helligkeit von Supernovae, die bekanntermaßen
Gammablitze erzeugen. Zudem produzierte SN 2006aj auch ein Spektrum, das sich
von dem der bekannten Gammaquellen unterscheidet. Um die besonderen
Eigenschaften von SN 2006aj besser zu verstehen, entwickelten die
Wissenschaftler des Max-Planck-Instituts für Astrophysik in Garching
theoretische Modelle, wie das Licht abgestrahlt wird und wie es sich über das
Energiespektrum verteilt. Ihr Ergebnis: "Sowohl Explosionsenergie als auch die
Menge der ins All geschleuderten Materie lag bei der beobachteten Supernova
zwischen den Werten von Supernovae, die Gammablitze erzeugen, und denen, die das
nicht tun", sagt Dr. Paolo Mazzali vom Max-Planck-Institut für
Astrophysik.
Offensichtlich gilt: Je massereicher ein Stern, desto mehr
Energie entsteht bei seiner Explosion - und umso energiereicher sind seine
Blitze. "Aus der Menge von ausgeschleudertem Gas schließen wir, dass dies die
Supernova eines Sterns war, der nur rund die zwanzigfache Sonnenmasse hatte."
Der Kern des zerborstenen Sterns ist demnach zu einem Neutronenstern implodiert,
der im Röntgenlicht aufblitzte. "Beim Kollaps weniger massereicher Sterne könnte
eine Phase magnetischer Aktivität des entstehenden Neutronensterns für den
Röntgenblitz verantwortlich sein", sagt Mazzali. Warum manche Sterne bei ihrer
Explosion Röntgenblitze aussenden und andere nicht, bleibt allerdings weiter
unklar.
"Wir vermuten zwar bereits seit längerem, dass Röntgenblitze auch
von Neutronensternen stammen", sagt Elena Pian vom Italienischen Nationalen
Institut für Astrophysik. "Röntgenblitze sind aber deutlich lichtschwächer und
daher schwerer zu lokalisieren. Deshalb sind sie noch nicht so gut untersucht
wie die Quellen von Gammablitzen." Womöglich erzeugen bei Supernova-Explosionen
also weitaus mehr Sternenarten Gammablitze als bislang vermutet. "Weniger
massereiche Sterne sind weitaus zahlreicher als schwerere Sterne", sagt Elena
Pian. "Ereignisse dieser Art könnten im All also tatsächlich recht häufig
sein."
Originalveröffentlichung:
Paolo Mazzali, Jinsong Deng, Ken’ichi Nomoto, Daniel N. Sauer, Elena
Pian, Nozomu Tominaga, Masomi Tanaka, Keiichi Maeda, Alexei V.
Filippenko
A neutron-star-driven X-ray flash associated
with supernova SN 2006aj
Nature, Vol. 442, Band 7106
(31. August 2006)