Vorderer Stirnlappen wichtig für Reputation
Archivmeldung vom 01.12.2009
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittEine interdisziplinäre Studie der Neurowissenschaftlerin Prof. Daria Knoch (Universität Basel) und der Wirtschaftswissenschaftler Prof. Ernst Fehr, Dr. Daniel Schunk und Frédéric Schneider (Universität Zürich) untersucht die neurobiologischen Grundlagen eines zentralen Verhaltenselements menschlicher Kooperation und Kultur - nämlich der Fähigkeit, auf eine unmittelbare Belohnung zu verzichten, um so zu einer Reputation als vertrauenswürdige und grosszügige Person zu kommen.
Im letzten Jahrzehnt hat die Forschung in Ökonomie, Evolutionsbiologie, Psychologie und Anthropologie gezeigt, dass der Aufbau von Reputation eine Schlüsselrolle für die beim Menschen so hoch entwickelte Fähigkeit zur Kooperation spielt. Während die grundlegenden evolutionären Mechanismen mittlerweile relativ gut verstanden werden, lagen die neurobiologischen Wurzeln der menschlichen Fähigkeit zum Reputationsaufbau bisher im Dunkeln.
Die Forschenden der Universitäten Basel und Zürich haben eine nicht invasive Gehirnstimulation (transkranielle Magnetstimulation) angewendet, die eine schmerzfreie und kurzzeitige Minderung der Erregbarkeit eines Gehirnareals bewirkt. Anschliessend hatten die Probanden mehrere Entscheidungsaufgaben zu lösen. Wer am vorderen Stirnlappen stimuliert wurde, war weit weniger in der Lage, auf eine unmittelbare Belohnung zu verzichten - was seinem guten Ruf abträglich war. Auf diese Weise konnten die Wissenschaftler nachweisen, dass der vordere Stirnlappen für den Aufbau einer guten Reputation voll funktionsfähig sein muss. Die Ergebnisse weisen auch darauf hin, dass es auf neurobiologischer Ebene eine Trennung gibt: nämlich zwischen dem Wissen darüber, was im eigenen Interesse liegt, und der Fähigkeit, sich in seinem Handeln auch tatsächlich nach diesem Wissen zu richten.
Die Resultate sind laut Daniel Schunk auch im Lichte der Gehirnentwicklung Heranwachsender interessant. So hat der vordere Stirnlappen bei Kindern und Jugendlichen seinen vollen Funktionsumfang noch nicht erreicht, was ihr Verhalten auf unmittelbare Belohnungen oft nur schlecht verzichten zu können, erklären könnte. Befürchtungen über die Anwendung dieses Gehirnstimulationsverfahrens sind laut Daria Knoch unbegründet, da der Effekt nur von sehr kurzer Dauer ist und die Anwendung das Einverständnis der betreffenden Person voraussetzt.
Quelle: Universität Basel