Münstersche Archäologen erforschen unbekannte Königsstadt
Archivmeldung vom 15.05.2006
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittDer Siedlungshügel von Lysimacheia in der heutigen Türkei hat seine Geheimnisse bewahrt. Obwohl Bedeutung, Größe, Gründung und Zerstörung der antiken Königsstadt seit langem bekannt sind, hat es an diesem Ort bis heute keine archäologische Forschung gegeben. Ein Archäologenteam der Universität Münster, das Lysimacheia ab August intensiv untersuchen will, betritt also völliges Neuland.
Die Archäologen Prof. Dr. Dieter Salzmann, Dr. Achim Lichtenberger und Dr.
H.-Helge Nieswandt vom Institut für Klassische Archäologie und Frühchristliche
Archäologie/Archäologisches Museum der Universität Münster untersuchen in
Kooperation mit Prof. Dr. Mustafa Sayar von der Universität Istanbul die antike
Stadt Lysimacheia. Ihr interdisziplinäres Forschungsteam setzt sich aus
Klassischen Archäologen, Althistorikern, Epigraphikern, Numismatikern,
Bauforschern, Architekten, Geodäten und Geophysikern zusammen. Gefördert wird
das auf mehrere Jahre angelegte Projekt von der Deutschen Forschungsgemeinschaft
(DFG).
Die auf der Gallipoli-Halbinsel an der Schnittstelle von Europa
und Asien gelegene Residenzstadt Lysimacheia wurde 309 v. Chr. von einem
Nachfolger Alexanders des Großen, dem Diadochen Lysimachos, als Zentrale seines
ambitionierten Reichs neu gegründet. In der Folgezeit wuchs Lysimacheia, stand
aber auch im Brennpunkt rivalisierender Großmächte. Daraus ergaben sich
Eroberungen, Verwüstungen und ein erneuter Wiederaufbau der prächtigen Stadt.
Die schwere Zerstörung im Jahr 144 v. Chr. durch die Thraker führte dann zu
ihrer endgültigen Aufgabe.
Obwohl die Bedeutung und Größe von Lysimacheia
in antiken Schriftzeugnissen immer wieder hervorgehoben wurde, hat es an diesem
Ort bis heute keine archäologische Forschung gegeben. Da die Stadt durch das
Gründungs- und Zerstörungsdatum fest datiert - ein einmaliger Glücksfall - und
ihr Territorium zudem weitgehend ohne Bebauung ist, eignet sie sich
hervorragend, um urbane Strukturen einer neu gegründeten Königsmetropole zu
untersuchen: Wie wurde die Stadt geplant? Wie sah das Straßennetz aus? Wo lagen
die Heiligtümer, der Königspalast und die Stadtmauern? Wie funktionierte die
sozioökonomische Infrastruktur? Was sagen die Wohngebiete über die soziale
Differenzierung der Bevölkerung aus?
Um diese Fragen zu klären, werden
die Wissenschaftler im August dieses Jahres mit einer archäologischen
Oberflächenanalyse das Stadtgebiet von Lysimacheia untersuchen. Im Herbst soll
die Stadt zudem mit Flugbildern aufgenommen werden. 2007 sind eine
Oberflächenuntersuchung im Umland der Zentralsiedlung, zerstörungsfreie
geophysikalische Untersuchungen und eine Ausweitung der naturwissenschaftlichen
Analysen geplant.
Weitere Informationen: http://www.uni-muenster.de/Archaeologie/
Quelle: Pressemitteilung Informationsdienst Wissenschaft e.V.