Mini-Motor nach biologischem Vorbild
Archivmeldung vom 22.04.2006
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittEinen zum Prototypen weiterentwickelten elektrischen Motor stellt Prof. Dr.-Ing. Detlef Riemer vom Fachbereich Maschinen- und Energietechnik (Fachgebiet Mechatronik) der HTWK Leipzig auf der größten Industriemesse der Welt in Hannover vom 24. April bis zum 28. April 2006 vor.
Die Funktionsweise hat der Ingenieur von der Natur abgeschaut. Das grundlegende
Bewegungsprinzip des zum Patent angemeldeten Linearantriebs ist mit dem
Fortbewegungsmechanismus einer Schnecke vergleichbar. Ausgenutzt werden
Differenzen der Haft- und Gleitreibung zwischen zeitweise bewegten sowie nicht
bewegten Elementen. Der in zwei Richtungen bewegbare Antrieb besitzt einen
theoretisch unbegrenzten Bewegungsbereich. Einzelschrittauflösungen sind bis in
den Nanometer-Bereich möglich. Da dieser Motor ein Direktantrieb ist, sind keine
bewegungsübertragenden Elemente, wie z. B. ein Getriebe notwendig.
"Seit
der Messepremiere in Hannover 2005 haben sich schon sehr viele Firmen dafür
interessiert und wollten den Antrieb am liebsten als fertiges Produkt kaufen",
sagt Erfinder Detlef Riemer. "Man möchte einen kleinen Motor, der große Kraft
hat." Hauptsächlich kämen Anfragen aus der Automobilindustrie, aber auch
ungewöhnliche, beispielsweise von einem Tresorhersteller. Die Antriebskraft
erzeugen spezielle Piezokeramiken von nur wenigen Millimetern Größe, die sich
beim Anlegen einer elektrischen Spannung äußerst schnell ausdehnen und dabei
sehr große Kräfte erzeugen. Gesteuert wird das Ganze mit einer speziell dafür
konzipierten Mikrorechnersteuerung und einem leistungselektronischen Modul.
Auf der diesjährigen Hannover Messe wird zum ersten Mal ein vorführbares
makroskopisches Erklärungsmodell auf der Basis Mikrocontroller gesteuerter
Elektromagneten zu sehen sein sowie ein nur wenige Zentimeter großer Prototyp
eines funktionsfähigen Miniatur-Piezolinearantriebs. Derzeitige
Entwicklungsarbeiten haben zum Ziel, die Abmessungen des Antriebs weiter zu
verringern, dabei jedoch die Bewegungskraft und -geschwindigkeit um min-destens
eine Größenordung zu erhöhen. Momentan erfolgt die mathematische Simulation des
Antriebssystems, die Entwicklung einer separaten Ansteuerelektronik, eine
messtechnische Untersuchung des Bewegungsverhaltens bis in den Nanometer-Bereich
sowie eine Neukonstruktion des Gesamtaufbaus. Der Antrieb kann des Weiteren als
Rotationsantrieb modifiziert sowie zu einem Mehrkoordinatenantrieb ausgebaut
werden.
Äußerst vielfältig sind die Einsatzmöglichkeiten für das kleine
Kraftwunder. Besonders hervorzuheben sind dabei beispielsweise ein- und
mehrachsige Positioniersysteme, Proportionalventile, Mikromanipulatoren und
Zuführsysteme in der Automatisierungs- und Fertigungstechnik. Als integrierbarer
Aktuator in Robotern und Laufmaschinen ist der Miniatur-Piezo-Linearantrieb
ebenfalls denkbar. In der Medizintechnik kann er als hochpräziser Mikroantrieb
für Instrumente der Minimal Invasiven Chirurgie dienen oder auch als Antrieb für
aktiv bewegbare Prothesen.
Quelle: Pressemitteilung Informationsdienst Wissenschaft e.V.