Ein Nano-Mikroskop für ultraschnelle Vorgänge
Archivmeldung vom 04.09.2007
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Freigeschaltet durch Jens BrehlOhne es zu wissen, nutzten schon die Hersteller von gefärbten gläsernen Gefäßen im antiken Rom bzw. von Kirchenfenstern im Mittelalter die besonderen Eigenschaften metallischer Nanopartikel aus. Indem sie der Glasschmelze Goldstaub zusetzten, verliehen sie den Gläsern eine rötlich schimmernde Farbe. Heute wissen die Fachleute, auf welche Vorgänge dieser Effekt zurückgeht.
Nanopartikel, d.h. Teilchen mit einer Ausdehnung von einigen wenigen bis 100 Nanometern - das ist kleiner als die Wellenlänge des sichtbaren Lichtes (ca. 400 - 800 Nanometer) - bestehen aus nur einigen tausend Atomen. Wenn sichtbares Licht auf so ein Partikel fällt, sind die im Metall frei beweglichen Leitungselektronen dem elektrischen Lichtfeld ausgesetzt und werden verschoben. Da die Struktur sehr klein ist, kommen sie aber nicht sehr weit, sondern stauen sich mal auf der einen, mal auf der anderen Seite. Auf diese Weise kommt es zu synchronisierten kohärenten Schwingungen des gesamten Elektronenkollektivs. Solche Schwingungen haben gewissermaßen Teilcheneigenschaften und werden daher auch Oberflächenplasmonen genannt. Die rötliche Farbe in antiken römischen Gefäßen und alten Kirchenfenstern basiert darauf, dass ein Teil des sichtbaren Spektrums von den Goldnanopartikeln "verschluckt" und in Plasmonen umgewandelt wird, sodass das durchscheinende Restlicht in den Komplementärfarben leuchtet.
"Plasmonen erzeugen sehr hohe elektromagnetische Felder am Ort und
in der unmittelbaren Umgebung des Nanoteilchens. Aber wie sich diese
Plasmonenfelder auf- und wieder abbauen, ist noch nicht im Detail
verstanden. Die schnellsten dieser kollektiven Bewegungen spielen sich
innerhalb von einigen hundert Attosekunden ab (1 Attosekunde ist ein
Milliardstel von einem Milliardstel einer Sekunde) und gehören damit zu
den kürzesten in der Natur zu beobachtenden Prozessen", erläutert Dr.
Matthias Kling, Nachwuchsgruppenleiter am MPQ.
Ein neuartiges
Verfahren, die Dynamik plasmonischer Felder mit höchster Genauigkeit
zeitlich aufzulösen und räumlich abzubilden, hat nun der theoretische
Physiker Prof. Mark Stockman von der Georgia State University (Atlanta,
Georgia, USA) gemeinsam mit Experimentalphysikern der LMU und des MPQ
erarbeitet. In ihrem Modell (siehe Abbildung) simulieren die
Wissenschaftler zunächst eine Anordnung von Silber-Nanopartikeln auf
einer Oberfläche, die mit extrem kurzen, nur einige Femtosekunden
währenden Pulsen (eine Femtosekunde ist ein Millionstel einer
Milliardstel Sekunde) beschossen werden. Unter der Einwirkung eines
Lichtpulses aus nur wenigen Schwingungsperioden entstehen
Plasmonenfelder, deren Amplituden und Eigenfrequenzen (sie liegen
zwischen nahem Infrarot und nahem Ultraviolett) von der Größe, Form und
Umgebung des jeweiligen Nanoteilchens abhängen. Die Dynamik der
Plasmonen wird nun "abgefragt", indem ein mit der Anregung
synchronisierter, etwa 170 Attosekunden langer Laserpuls, dessen
Frequenz im Extremen Ultraviolett liegt, auf die Nanostruktur geschickt
wirkt und dort Elektronen freisetzt. Die Energie und räumliche
Verteilung dieser so genannten Photoelektronen spiegelt die
Eigenschaften der Plasmonen wider, da sie zuvor in deren Feld
beschleunigt wurden.
"Bei dem hier vorgelegten Konzept
kombinieren wir zwei Verfahren, die jedes für sich bereits Stand der
Technik sind: Die "Photoelektronen-Emissionsmikroskopie", kurz PEEM
genannt, und die Attosekunden-Streak-Spektroskopie", erklärt Prof. Ulf
Kleineberg von der LMU. "Wir erhalten dabei eine räumliche Auflösung,
die in der Größenordnung der Ausdehnung der Nanopartikel liegt, also
einige 10 bis hundert Nanometer beträgt, und erreichen gleichzeitig
aufgrund der extrem kurzen Dauer der Attosekundenblitze eine zeitliche
Auflösung von etwa hundert Attosekunden. Dieses Messverfahren legt die
Grundlage, in Zukunft den Aufbau und die zeitliche Entwicklung dieser
Felder zu messen und durch maßgeschneiderte Lichtpulse gezielt zu
steuern."
Generell würde dieses nanoplasmonische Ultramikroskop erstmals die direkte Beobachtung ultraschneller Prozesse in Nanosystemen ermöglichen, wie etwa die Umwandlung von Sonnenlicht in elektrische Energie. Die Autoren sehen aber zukünftige Anwendungen dieser Technik vor allem in der Entwicklung von neuartigen Bauelementen, bei denen lokalisierte nanoplasmonische Felder die Aufgaben von Elektronen in der konventionellen Elektronik übernehmen, d.h. Informationen übertragen, verarbeiten und speichern. "Der Vorteil läge darin, dass Plasmonen in diesen Nanosystemen Informationsverarbeitung und -übertragung mit sehr viel größeren Frequenzen (ca. 100.000 fach) erlauben als Elektronen in Festkörpern. Auf diese Weise ließen sich vielleicht zukünftig extrem schnelle optoelektronische und optische Systeme für die Informationsverarbeitung realisieren."
Quelle: Pressemitteilung Max-Planck-Institut für Quantenoptik