Atome unterm Mikroskop
Archivmeldung vom 23.08.2006
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittErstmals ist es Wissenschaftlern der TU Berlin gelungen, das Wachstum von Halbleiterkristallschichten direkt zu beobachten und zu untersuchen. Das von ihnen in den letzten sieben Jahren entwickelte so genannte Rastertunnelmikroskop erlaubt Einblicke in das Wachstum der Kristallschichten, die in dieser Detailtreue bisher unbekannt waren.
Mit Halbleiterkristallschichten baut man zum Beispiel Laserdioden für
Laserpointer, CD-Rom-Laufwerke oder Verstärker für Mobilfunkanlagen. Mit dieser
Technik wird es zukünftig möglich sein, das Wachstum genau zu kontrollieren.
"Das Kristallwachstum konnte man bislang nur mit optischen Geräten
beobachten, die allerdings keine einzelnen Atome detektieren können", erklärt
der Projektleiter Dr. Markus Pristovsek vom Institut für Festkörperphysik der TU
Berlin. "Unser Mikroskop ist dagegen erstmals in der Lage, das Kristallwachstum
in der Gasphase zu beobachten, wobei die Bauteile, die eigentlich für eine
maximale Hitzeeinwirkung von 200?C ausgelegt sind, Temperaturen bis zu 600?C
aushalten müssen."
Die Schwierigkeiten bei der Entwicklung lagen
allerdings nicht nur in den hohen Temperaturen. Pumpen verursachen außerdem
elektrische Störungen und Schwingungen, die auf ein Zehntel des Atomdurchmessers
gedämpft werden mussten. Daher hielt man es zuvor für unmöglich, unter diesen
Bedingungen ein Bild der Oberfläche im Nanometermaßstab zu erhalten. Dass es den
TU-Wissenschaftlern nun trotzdem gelang, ist einer speziellen
Schwingungsdämpfung und einem speziell entwickelten Kühlmechanismus zu
verdanken. Erste Bilder wurden erfolgreich aufgenommen, und zeigten Stufen aus
einzelnen Atomen bei Temperaturen bis 600°C, den typischen realen
Wachstumstemperaturen, die bisher in anderen Aufbauten noch nie erreicht wurden.
"Dabei wird eine Wolframnadel, an deren Spitze sich ein einziges Atom befindet, im Abstand eines Atomdurchmessers, also Bruchteile eines Nanometers, über eine Oberfläche bewegt", erklärt Markus Pristovsek. "Der je nach Abstand unterschiedliche Stromfluss erlaubt dann, ein Bild der Höhenstruktur und der Position einzelner Atome auf der Oberfläche zu gewinnen." Neueste Ergebnisse zeigen, wie sich die Größe von Quantenpunkten unmittelbar nach dem Wachstum verändert. Das ermöglicht die gezielte Einstellung von Größen und Eigenschaften der Quantenpunkte.
Das neuartige Rastertunnelmikroskop basiert auf einem
Prinzip, für das der deutsche Physiker Gerd Binnig zusammen mit seinem Schweizer
Kollegen Heinrich Rohrer 1986 den Nobelpreis für Physik erhielt, gleichzeitig
mit dem Nobelpreis für das Elektronenmikroskop von Ernst Ruska, den die TU
Berlin ebenfalls zu ihren berühmten Forschern zählt.
Die siebenjährigen
Entwicklungsarbeiten unter der Leitung von Dr. Markus Pristovsek wurden in der
Arbeitsgruppe von Prof. Dr. Wolfgang Richter begonnen. Fortgeführt wird es nun
von dem neu berufenen Prof. Dr. Michael Kneissl. Finanziert wurden die Arbeiten
im Rahmen eines Sonderforschungsbereichs (Sfb 296, Sprecherhochschule TU Berlin:
Wachstumskorrelierte Eigenschaften niederdimensionaler Halbleiterstrukturen),
dessen Hauptforschungsobjektes Quantenpunkte sind, wie sie zum Beispiel in
Halbleiterlasern und anderen optoelektronischen Bauelementen benutzt werden. Die
auf lange Sicht angelegte Förderung machte ein solches Projekt erst
durchführbar.
Es stehen Videoclips zur Verfügung, auf denen man direkt verfolgen kann, wie
Quantenpunkte bei 475°C während der Messung verdampfen sowie eine
computeranimierte Aufnahme des Geräts selbst.
Internet:
http://www.physik.tu-berlin.de/institute/IFFP/kneissl/research/spm/reaktorloop.mpg
http://www.physik.tu-berlin.de/institute/IFFP/kneissl/research/spm/3x3-1.mpg
Quelle: Pressemitteilung Informationsdienst Wissenschaft e.V.