Ein Ping-Pong Spiel der Augen
Archivmeldung vom 04.06.2014
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Freigeschaltet durch Manuel SchmidtSchon einmal versucht, die Augen still zu halten, während Sie beim Zugfahren aus dem Fenster schauen? Es klappt nicht: sie bewegen sich unwillkürlich stetig mit. Münchner Forscher enträtseln nun eine Grundlage dieses Augenfolgereflexes: Es sind Gehirnzellen, die sowohl die Geschwindigkeit der Landschaft als auch die der Augenbewegung kodieren.
Beim Zugfahren den Blick in die Ferne schweifen lassen – was nach reiner Entspannung klingt erfordert in Wirklichkeit eine Höchstleistung unseres Augenbewegungsapparates. Um ein Verschwimmen des vorbeiziehenden Bildes zu verhindern, müssen unsere Augen mit einer Vielzahl kurzer, wiederholter Bewegungen der Umgebungsgeschwindigkeit folgen. Wissenschaftler um Prof. Stefan Glasauer am Bernstein Zentrum und der Ludwig-Maximilians-Universität in München haben nun in Zusammenarbeit mit Kollegen aus dem Washington National Primate Research Center der University of Washington in Seattle herausgefunden, dass Nervenzellen im hinteren Scheitellappen eine wichtige Rolle bei der Umwandlung der Landschaftsreize in ein Steuersignal für die Augenmuskulatur spielen.
„Mittels elektrophysiologischer Messungen konnten wir zeigen, dass Zellen des sogenannten MSTd-Areals Informationen über die Geschwindigkeit des visuellen Reizes auf der Netzhaut als auch die Schnelligkeit der Augenbewegung kombinieren“, erklärt Erstautor Lukas Brostek. Die Art und Weise, wie dies geschieht, unterscheidet sich dabei deutlich von Zelle zu Zelle – und ermöglicht so die Generierung gänzlich neuer Signale. Anhand eines Computermodells belegen die Forscher, dass die beobachtete Verteilung an Signalkombinationen genau derjenigen entspricht, die benötigt wird um die reine Umgebungsgeschwindigkeit berechnen zu können. Diese Information braucht das Gehirn letztendlich um die Bewegung der Augen zu kontrollieren.
In der Regelung des Augenfolgereflexes sind mehrere Bereiche des Gehirns involviert. Die hierbei notwendige Informationsverarbeitung beinhaltet im Wesentlichen drei Stufen: In einem ersten Schritt wird die Geschwindigkeit des Bildes auf der Netzhaut ermittelt. Aus dieser Information wird in einem zweiten Schritt die Eigenbewegung des Auges herausgerechnet um so die reine Umgebungsgeschwindigkeit zu erhalten – den Ort der Verarbeitung haben die Forscher nun mithilfe ihrer Studie im Gehirn lokalisieren können. „Die untersuchten Neurone stellen die Grundlage für den letzten Schritt bereit – die unbewusste Steuerung der Augenmuskulatur. Damit sorgen sie dafür, dass sich unsere Augenbewegungen der Umgebungsgeschwindigkeit anpassen und wir eine vorbeiziehende Landschaft scharf erkennen können“, sagt Glasauer.
Quelle: Nationales Bernstein Netzwerk Computational Neuroscience (idw)