Von den Ameisen lernen
Archivmeldung vom 01.06.2010
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Freigeschaltet durch Manuel SchmidtMaterialflusssysteme sind das Herzstück jedes Warenlagers und jeder Fertigungshalle. Den reibungslosen Transport von Objekten sollen dort in Zukunft intelligente und autonome agierende Roboterelemente übernehmen – weitaus flexibler und kostengünstiger als bestehende Systeme für die Logistik innerhalb von Unternehmen. Die neue Intralogistik-Technologie ist das Ergebnis des Forschungsprojekts KARIS, bei dem das Institut für Fördertechnik und Logistiksysteme des KIT mit elf weiteren Partnern aus Industrie und Wissenschaft kooperiert.
„Die Anforderungen von Unternehmen an Materialflusssysteme sind im Wandel“, sagt Thomas Stoll vom Institut für Fördertechnik- und Logistiksysteme (IFL) des KIT, der gemeinsam mit seinem Kollegen Christoph Nobbe das KARIS-Projekt leitet. „Während Produktionsanlagen früher jahrelang unverändert liefen oder sich der Warenbestand kaum veränderte, gilt es heute, den Materialfluss ständig an neue Rahmenbedingungen anzupassen“. Bislang gebräuchliche, fest installierte Systeme, wie zum Beispiel Rollenförderer, entsprechen den ständig wechselnden Anforderungen aber nur unzureichend – die Anpassung ist aufwändig und kostenintensiv.
Mit KARIS (Kleinskaliges Autonomes Redundantes Intralogisitik System), setzen die KIT-Wissenschaftler anstelle starrer Anlagen auf das Zusammenspiel zahlreicher kleiner, schneller und voneinander unabhängig agierender Elemente: „Bei der Entwicklung unseres neuen Systems haben wir uns von der flexiblen Transportlogistik eines Ameisenhaufens inspirieren lassen“, erklärt Stoll den neuen Ansatz der KIT-Wissenschaftler. Die einzelnen KARIS-Elemente haben die Grundfläche von nicht mehr als einem halben Quadratmeter und sind 40 cm hoch. Dank spezieller Sensortechnik sind die intelligenten Transporteinheiten in der Lage, sich autonom in ihrem jeweiligen Umfeld zu orientieren. Mittels gegenseitiger Abstimmung durch eine W-Lan-Komponente sind sie immer dann zur Stelle, wenn ein Transportauftrag ansteht.
Selbst den Transport großer Objekte meistert KARIS problemlos. „So wie sich Ameisen zum Transport großer Beutestücke zusammenschließen, können sich auch die KARIS-Elemente zu Clustern verschiedener Größe vereinen“, sagt Christoph Nobbe. So lässt sich KARIS zu unterschiedlichen Clustern zusammensetzen, die entweder große Objekte transportieren können oder aber hohen Durchsatz gewährleisten, indem sie eine Förderstrecke bilden. Vom Einsatz der neuen Technologie versprechen sich die Wissenschaftler die Flexibilität von Intralogistiksystemen erheblich zu steigern und gleichzeitig die notwendige Infrastruktur deutlich zu vereinfachen. „Gerade bei der Realisierung von Einzel- und Sammeltransporten oder bei der Kommissionierung sehen wir ein riesiges Potential für Unternehmen“, so der Projektleiter. Jetzt ist das Projekt nicht mehr weit vom tatsächlichen Praxiseinsatz entfernt. Im März meisterten die KARIS-Module bereits das Besucher-Catering auf der Stuttgarter Fördertechnikmesse LogiMAT. Ziel ist es, bis 2011 die ersten Elemente in der intralogistischen Praxis einzusetzen.
Für KARIS kooperieren die Logistikexperten des KIT seit 2007 mit insgesamt 11 Partnern aus Wissenschaft und Industrie, die in der "AGT Intralogistik BW" zusammengeschlossen sind. Das KARIS-Projekt wird vom baden-württembergischen Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst (MWK) gefördert.
Quelle: Karlsruher Institut für Technologie