Sprit aus Cellulose
Archivmeldung vom 09.08.2008
Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 09.08.2008 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.
Freigeschaltet durch Thorsten SchmittUnabhängigkeit von den Erdöl exportierenden Ländern, Reduzierung der freigesetzten Treibhausgase, Schonung der zu Neige gehenden Ressourcen: Viele Gründe sprechen für einen Abschied von der Nutzung fossiler Brennstoffe. Wasserstofftechnologie und Solarenergie werden höchstwahrscheinlich die Antwort auf das globale Energieproblem sein - aber erst auf längere Sicht.
Für eine erste, rasche Abhilfe könnte Bioenergie sorgen. Aus Biomasse
lassen sich alternative kohlenstoffbasierte flüssige Kraftstoffe
herstellen und so die gängige Technik automobiler Verbrennungsmotoren
und die vorhandene Infrastruktur weiter nutzen. Gleichzeitig würde die
chemische Industrie mit den als Rohstoffe benötigten
Kohlenstoffverbindungen beliefert. Mark Mascal und Edward B. Nikitin
von der University of California, Davis (USA), haben jetzt eine
interessante neue Methode entwickelt, Cellulose direkt in furanbasierte
Biokraftstoffe umzusetzen. Wie sie in der Zeitschrift Angewandte Chemie
berichten, liefert das einfache, kostengünstige Verfahren
Furanverbindungen in bisher beispielloser Ausbeute.
Atmosphärisches Kohlendioxid sollte die ultimative Kohlenstoffquelle
der Zukunft sein. Am effektivsten "geerntet" wird es durch die
pflanzliche Photosynthese. Biotreibstoffe werden derzeit vor allem aus
Stärke gewonnen, die zu Zuckern abgebaut und zu Ethanol fermentiert
wird. Die am weitesten verbreitete Form von photosynthetisch fixiertem
Kohlenstoff ist aber Cellulose. Das Problem: Die Spaltung von Cellulose
in seine einzelnen Zuckerbausteine, die dann fermentiert werden
könnten, ist ein langsamer, kostenintensiver Prozess. "Ein weiteres
Problem ist die geringe Kohlenstoff-Wirtschaftlichkeit der
Glucose-Fermentation," erläutert Mascal, "für 10 g produziertes Ethanol
werden zusätzlich 9,6 g CO2 freigesetzt."
Könnte man auf Cellulosespaltung und Fermentation verzichten? Man kann,
wie Mascal und Nikitin zeigen. Sie haben ein einfaches Verfahren
entwickelt, mit dem Cellulose direkt in "Furanics" (Furan-basierte
organische Flüssigkeiten) umgewandelt werden können. Furane sind
Moleküle, deren Grundkörper von einem aromatischen Ring aus vier
Kohlenstoffatomen und einem Sauerstoffatom gebildet wird. Hauptprodukt
unter den von den Forschern entwickelten Reaktionsbedingungen ist
5-Chlormethylfurfural (CMF).
CMF lässt sich mit Ethanol zu Ethoxymethylfurfural (EMF) verknüpfen
oder mit Wasserstoff zu 5-Methylfurfural umsetzen. Beide Verbindungen
eignen sich als Kraftstoffe. EMF wurde bereits früher in Mischungen mit
Diesel von Avantium Tecnologies, einem Spin-off von Shell, untersucht
und als interessant eingestuft.
"Unsere Methode scheint die effektivste bisher beschriebene Umsetzung
von Cellulose in einfache, hydrophobe organische Verbindungen zu sein,"
so Mascal. "Außderdem wird die Kohlenstoffausbeute der Glucose- und
Sucrose-Fermentation bei weitem übertroffen. Furanics könnten sich
sowohl als Autokraftstoffe als auch als chemische Rohstoffquelle der
Zukunft etablieren."
Quelle: Informationsdienst Wissenschaft e.V.