Ein Roboterauge prüft die Qualität im Karosseriebau
Archivmeldung vom 29.08.2006
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Freigeschaltet durch Jens BrehlMit einem Verfahren zur Qualitätskontrolle in der Automobilindustrie befasst sich ein Entwicklungsprojekt der FH Gießen-Friedberg. Dabei hat ein Team des Fachbereichs Mathematik, Naturwissenschaften und Informatik ein System zur automatischen Überprüfung der Passgenauigkeit montierter Karosserieteile erstellt.
Die Qualitätskriterien der Automobilproduzenten erfordern es z.B., dass Türen, Motorhaube und Heckklappe präzise eingesetzt sind. Zur Überprüfung vermisst man den jeweils verbleibenden Spalt zwischen dem beweglichen Funktionsteil und dem tragenden Rahmen. Für diesen Messprozess hat die Projektgruppe der FH Gießen-Friedberg eine neuartige Lösung gefunden. Zum Einsatz kommt dabei ein Industrieroboter, dessen Bewegung beim Abfahren des jeweiligen Spaltes mit einem Scanner durch eine Stereokamera gesteuert wird.
Die Professoren Dr. Berthold Franzen, Dr. Klaus Rinn und Dr. Klaus
Wüst haben in die Entwicklung Kenntnisse aus ihren Fachgebieten
Protokollentwurf, Robotik und Bildverarbeitung eingebracht. Koordinator war der
Wissenschaftliche Mitarbeiter Michael Kreutzer. Eingebunden in das Vorhaben
waren mit Jan Hain und Margarita Haubetz auch zwei Diplomanden des Studiengangs
Informatik, die Teilaufgaben lösten. Als Kooperationspartner beteiligte sich die
Firma Exact Vision GmbH, ein Unternehmen aus Bischoffen, das auf Messtechnik für
die Automobilindustrie spezialisiert ist und 50.000 Euro aus dem
Technologieförderprogramm der HessenAgentur in das Projekt
investierte.
Es sind vor allem zwei Messgrößen, die bei der Kontrolle
eines Spaltes in der Karosserie interessieren: "Gap" meint dessen Breite und
"Flush" den Versatz der Ebenen auf beiden Seiten des Spaltes. Um diese Werte
exakt zu bestimmen und um zu ermitteln, ob sie die Normvorgaben des
Automobilproduzenten erfüllen, muss man die Rundung der Bleche in die Vertiefung
hinein vermessen. Das leisten spezielle Doppel-Lichtschnittsensoren, die aber
nur dann wie gewünscht funktionieren, wenn sie im richtigen Winkel und Abstand
über den Spalt geführt werden. Dieser Aufgabe - einen Doppel-Lichtschnittsensor
automatisch mit einem Roboter bestmöglich ausgerichtet auf einer optimalen Bahn
berührungslos über einen unbekannten, beliebig gekrümmten Spalt zu leiten - hat
sich das FH-Team mit Erfolg angenommen.
Bei der Entwicklung ging es darum, das System so zu konzipieren, dass es eine Reihe von Arbeitsschritten in einem möglichst flüssigen Ablauf ausführen kann. Dazu gehören die fotogrammetrische Vorabmessung von Position und Ausrichtung des unbekannten Spaltes, die Berechnung des günstigsten Messpfades für den nächsten Abschnitt und der jeweils optimalen Ausrichtung des Doppel-Lichtschnittsensors, die rechnerische Vorbeugung einer Kollision mit der Karosserie, die Übermittlung dieser Daten an die Robotersteuerung und die eigentliche Messung zur Qualitätskontrolle.
All diese Teilfunktionen leistet der Prototyp inzwischen vollautomatisch. Ein erster Schritt zur Anwendung dieses Verfahrens in der Automobilproduktion ist auch schon getan. Als Gäste der Firma Exact Vision besuchte eine Delegation von Toyota das FH-Labor und zeigte sich sehr interessiert an der neuartigen Messtechnik.
Quelle: Pressemitteilung FH Gießen-Friedberg