Innovativer Kunststoff ist fester als Stahl
Archivmeldung vom 05.02.2022
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittMit einem neuartigen Polymerisationsverfahren haben Chemieingenieure des Massachusetts Institute of Technlogy (MIT) ein neues Material geschaffen, das stärker als Stahl und leicht wie Kunststoff ist. Dieses lässt sich zudem ohne großen Aufwand in großen Mengen herstellen, heißt es. Es handelt sich um einen zweidimensionalen Kunststoff, der sich im Gegensatz zu allen anderen Polymeren, die aus Knäueln aus spaghettiartigen, Monomere genannten Molekülketten bestehen, selbst zu zweidimensionalen Platten zusammenfügt. Bisher glaubten Wissenschaftler, dass es unmöglich sei, zweidimensionale Polymere herzustellen.
Brückenbau auf Kunststoffbasis
Ein solches Material könnte als leichte, langlebige Beschichtung für Autoteile und Mobiltelefone und sogar als Baumaterial für Brücken oder andere Strukturen verwendet werden, sagt Entwicklungsleiter Michael Strano. "Bisher konnte sich niemand vorstellen, dass Kunststoffe als Baumaterial verwendet werden könnten. Doch mit unserem neuen Material werden unglaubliche Dinge machbar. Es hat äußerst ungewöhnliche Eigenschaften."
Polymerforscher haben schon vor langer Zeit die Hypothese aufgestellt, dass Polymere extrem stark und leicht werden, wenn es gelänge, sie zu einer zweidimensionalen Schicht wachsen zu lassen. Viele Jahrzehnte erfolgloser Bemühungen, das Ziel zu erreichen, führten dann zu der Schlussfolgerung, dass es unmöglich ist, solche Folien herzustellen. Ein Grund dafür war, dass schon ein einziges Monomer, das die Nase aus dem Verbund herausstreckt, die zweidimensionale Blattform entscheidend stört.
Monomere wachsen zu Scheiben
Strano und seine Kollegen setzen auf eine Verbindung namens Melamin, die einen Ring aus Kohlenstoff- und Stickstoffatomen enthält. Normalerweise wird das Material zur Herstellung von Melaminharzen und Duroplasten etwa für Kunststoffgeschirr verwendet. Unter bestimmten Bedingungen wachsen diese Monomere perfekt in die Fläche und bilden Scheiben. Diese stapeln sich übereinander, zusammengehalten durch Wasserstoffbrücken, die die Struktur sehr stabil und stark machen.
Diese Scheibenbildung geschieht spontan, also ohne Zutun des Menschen, so Strano. "Deswegen können wir daraus leicht Folien in beliebigen Mengen herstellen." Das Team belegte das Material mit dem kryptischen Namen "2DPA-1". Die Forscher haben herausgefunden, dass das Elastizitätsmodul des neuen Materials - ein Maß dafür, wie viel Kraft es braucht, um es zu verformen - zwischen vier und sechs Mal größer ist als das von Panzerglas. Die Streckgrenze, das ist die Kraft, die nötig ist, um das Material zu brechen, ist doppelt so hoch wie die von Stahl, obwohl der 2D-Kunststoff nur etwa ein Sechstel der Dichte von Stahl hat.
Quelle: www.pressetext.com/Wolfgang Kempkens