Zellen ankleben: Hybrid aus Nanofasern und Muschel-Adhäsionsprotein als Substrat für die Gewebekultur
Archivmeldung vom 17.11.2011
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittNicht nur was in Körperzellen drin ist, auch das Drumherum zählt: So spielt die extrazelluläre Matrix etwa eine wichtige Rolle für Bindegewebe und Knorpel sowie für das Wachstum und die Regeneration von Knochen. Auch wenn man Gewebe im Labor züchten will, etwa um einen beschädigten Knochen zu reparieren, wird ein Gerüst gebraucht, das der natürlichen extrazellulären Matrix nachempfunden ist. Ein Team um Hyung Joon Cha von der Pohang University of Science and Technology (Südkorea) stellt in der Zeitschrift Angewandte Chemie nun neuartiges Substrat vor: Ein Hybrid aus synthetischen Nanofasern und einem „Klebstoff“ aus marinen Muscheln, an das Zellen einfach „angeklebt“ werden.
Die Faserstruktur der extrazellulären Matrix nachzuahmen ist wichtig, reicht aber nicht, um Zellen zum Anwachsen zu animieren. Die Fasern müssen eine Oberfläche mit der richtigen biologischen Funktionalität bieten. Dazu werden meist Biomoleküle der extrazellulären Matrix an synthetische Nanofasern geknüpft – in teilweise sehr komplizierten Prozeduren. Eine einfache, universelle Technik wäre wünschenswert. Und dies scheint dem koreanischen Team jetzt gelungen – dank eines speziellen Muschel-„Klebers“.
Meeres-Muscheln sondern ein Adhäsionsprotein ab, um sich im Wasser an Oberflächen zu heften. Dieser Klebstoff fixiert sie zuverlässig auf fast allen Materialien wie Steinen, anderen Muscheln, Holzstegen oder dem Metall von Schiffsrümpfen. Ein idealer Universalkleber also. Inzwischen ist es gelungen, ein Fusionsprotein des Muschelklebers gentechnisch von Bakterien in großen Mengen herstellen zu lassen.
Die koreanischen Forscher konnten diesen Muschelkleber mit einem Elektrospinnverfahrens zu Nanofasern spinnen, die aber nicht fest genug als Substrat für eine Zellkultur waren. Im richtigen Mischungsverhältnis zusammen mit einem biokompatiblen synthetischem Polymer versponnen, entstehen aber Fasern mit guten mechanischen Eigenschaften. Das synthetische Polymer bildet dabei das Rückgrat der Faser, der Muschelkleber heftet sich auf die Nanofasern und macht ihre Oberflächen „klebrig“. Biomoleküle wie Proteine, DNA und Kohlenhydrate haften fest daran und bilden eine gleichmäßige Beschichtung – es genügt, die Fasern in die entsprechende Lösung einzutauchen.
Auch Zellen haften ausgezeichnet an dem faserigen Substrat, wie Versuche mit Vorläufern knochenbildender Zellen zeigten. Die Zellen lagern sich an die Muschelkleber-Polymer-Nanofasern an, breiten sich aus und vermehren sich. Noch besser funktionierte dies, wenn das Muschelkleber-Fusionsprotein zusätzlich eine spezielle Zellerkennungssequenz enthielt. Die neuartigen Muschelkleber-haltigen Nanofasern sind damit ein sehr interessantes Substrat für Anwendungen in der Gewebezüchtung.
Quelle: Gesellschaft Deutscher Chemiker e.V. (idw)