Neues Gentechnikgesetz ignoriert Informationsrechte der Öffentlichkeit
Archivmeldung vom 26.01.2006
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittÜber schädliche Auswirkungen gentechnisch veränderter Organismen auf Mensch und Umwelt und illegale Praktiken der Gentechnikindustrie soll die Öffentlichkeit künftig nichts erfahren. Das sieht laut Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) der heute im Bundestag vorgelegte Entwurf zur Änderung des Gentechnikgesetzes vor.
Der Gesetzentwurf enthalte zur Freigabe
entsprechender Informationen so viele Ausschlussregeln, dass
Gentechnikskandale künftig nicht mehr an das Licht der Öffentlichkeit
dringen würden, kritisierte der Umweltverband. Agrarminister Horst
Seehofer habe mehrfach die buchstabengetreue Umsetzung des
EU-Gentechnikrechts angekündigt. Das von ihm vorgelegte "Dritte
Gesetz zur Änderung des Gentechnikgesetzes" stehe jedoch in offenem
Widerspruch zu den Vorgaben der europäischen Freisetzungsrichtlinie.
Gerhard Timm, BUND-Bundesgeschäftsführer: "Der deutsche
Gesetzesentwurf schränkt das Informationsrecht auf vielfältige Weise
ein: Wenn es um angeblich schützenswerte Personendaten, die
Vertraulichkeit der Beratung von Behörden, laufende
Gerichtsverfahren, den Schutz des geistigen Eigentums oder
vermeintliche Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse geht. Damit wird der
Geheimniskrämerei von Staat und Behörden Tür und Tor geöffnet."
Bis zum 19. Februar muss die EU-Freisetzungsrichtlinie in
Deutschland umgesetzt sein. Danach drohen nach EU-Recht Strafen in
Höhe von bis zu 792 000 Euro pro Tag. Die Richtlinie legt fest, dass
bei illegal in Umlauf gebrachten gentechnisch veränderten Organismen
oder bei einer Gefährdung von Mensch und Umwelt die Öffentlichkeit
unterrichtet werden muss.
Heike Moldenhauer, BUND-Gentechnikexpertin: "Mit dem deutschen
Gesetz muss sich kein Gentechnik-Unternehmen davor fürchten,
öffentlich mit den negativen Folgen seiner Produkte oder seiner
möglicherweise illegalen Praktiken konfrontiert zu werden. Das Gesetz
schützt die Gentechnik-Industrie vor der Öffentlichkeit, nicht aber
die Öffentlichkeit vor den Auswirkungen der Agro-Gentechnik."
Der BUND forderte, dass Agrarminister Seehofer die
buchstabengetreue Umsetzung der EU-Freisetzungsrichtlinie garantieren
müsse. Wenn das nicht geschehe, müssten die Bundestagsabgeordneten
den Gesetzesentwurf in seiner jetzigen Form ablehnen.
BUND-Hintergrundpapier zum "Dritten Gesetz zur Änderung des
Gentechnikgesetzes" unter:
http://www.bund.net/lab/reddot2/pdf/gentechnikgesetz.pdf
Quelle: Pressemitteilung BUND