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Wenn Buchstaben farbig werden

Archivmeldung vom 03.07.2010

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 03.07.2010 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Manuel Schmidt
Anhand einer Farbpalette kann die Synästhetikerin genau definieren, welche Farbe für sie der Buchstabe «N» hat. Bild: Pascal Wurtz/zvg
Anhand einer Farbpalette kann die Synästhetikerin genau definieren, welche Farbe für sie der Buchstabe «N» hat. Bild: Pascal Wurtz/zvg

Menschen unterscheiden sich erheblich in der Art, wie sie die Welt wahrnehmen und erleben. So gibt es Menschen, die schwarze Zahlen oder Buchstaben in Farbe wahrnehmen. Diese Ausprägung betrifft etwa ein Prozent der Bevölkerung und wird als Graphem-Farb-Synästhesie bezeichnet. Synästhetiker empfinden mehrere Sinneswahrnehmungen gleichzeitig: Gerüche, Töne, Geschmacksempfindungen und Farben können sich in beliebiger Weise verbinden.

In der Forschung wird die Synästhesie oftmals mit Kreativität und besseren Gedächtnisleistungen in Verbindung gebracht. Am Institut für Psychologie der Universität Bern haben Dr. Nicolas Rothen und Prof. Beat Meier untersucht, ob Synästhesie bei Künstlerinnen und Künstlern tatsächlich häufiger vorkommt und ob Synästhetikerinnen und Synästhetiker wirklich ein besseres Gedächtnis haben. In einer ersten Studie, die soeben in der Fachzeitschrift «Perception» erschienen ist, konnten die Forscher zeigen, dass bei einer Stichprobe von hundert Kunststudierenden im Vergleich zu einer Kontrollstrichprobe aus der allgemeinen Bevölkerung wie erwartet mehr Synästhetikerinnen und Synästhetiker zu finden waren. In einer zweiten Studie, die kürzlich in der Fachzeitschrift «Memory» publiziert wurde, konnten die Psychologen außerdem belegen, dass Synästhetikerinnen und Synästhetiker bei einem standardisierten Gedächtnistest bessere Leistungen als die Normstichprobe zeigten. Diese Ergebnisse untermauern die Hypothese, dass Synästhesie zu höherer Kreativität und zu besseren Gedächtnisleistungen führen kann. Es wird vermutet, dass diese Vorteile auf einer reicheren Erlebniswelt beruhen, welche durch die Synästhesie verursacht wird.

Ursache unklar

Die Synästhesie leitet sich aus dem griechischen: syn = zusammen, und Ästhesis = Empfinden, ab. Obwohl das Phänomen bereits seit dem 19. Jahrhundert bekannt ist, wird es erst seit einem Jahrzehnt systematisch erforscht. Die Ursache für das neurologische «Wunder» konnte die Forschung bis anhin noch nicht schlüssig erklären. Eine Hypothese geht davon aus, dass bei Synästhetikern bestimmte neurologische Verbindungen bestehen bleiben, die bei Babys noch vorhanden sind. Bei Kleinkindern sind die Sinne noch nicht sehr ausdifferenziert, ihre Wahrnehmung noch nicht klar auf die betreffenden Hirnareale aufgeteilt.

Auf www.synaesthesie.unibe.ch finden Interessierte weitere Informationen zur Synästhesie-Forschung an der Universität Bern. Hier können sie zudem einen Synästhesie-Check ausfüllen.

Quelle: Universität Bern

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