Iter-Organisation weist Kritik an Fusionsreaktor-Kosten zurück
Archivmeldung vom 10.04.2017
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Freigeschaltet durch André OttDie europäische Iter-Organisation "Fusion for Energy" hat die Kritik deutscher Bundestagsabgeordneter an den Kosten des Fusionsreaktors, der derzeit in Südfrankreich gebaut wird, zurückgewiesen. "Wir Europäer geben pro Tag etwa eine Milliarde Euro für Energie-Importe aus", sagte Johannes Schwemmer, Direktor des EU-Unternehmens "Fusion for Energy" (F4E) der "Welt am Sonntag". Im Vergleich dazu seien die Kosten des Iter-Projektes eher gering.
Die atompolitische Sprecherin der Grünen im Bundestag, Sylvia Kotting-Uhl, hatte die Erhöhung des Gesamtbudgets für den Iter auf über 20 Milliarden Euro Ende vergangenen Jahres kritisiert. Sie fordert einen Ausstieg der Europäischen Union aus dem internationalen Gemeinschaftsprojekt.
"Dieses Vorhaben ist von Anfang an ein Rohrkrepierer, das Steuergelder ohne erkennbaren Nutzen veschlingt", kritisierte Kotting-Uhl: "Die Gelder sind in der Forschung für das Gelingen der Energiewende weitaus besser angelegt." Auch der atompolitische Sprecher der Linksfraktion, Hubertus Zdebel, hatte angesichts der Kostenentwicklung gefordert "den Fusionswahnsinn Iter" zu beenden.
F4E-Direktor Schwemmer hält das Gesamtbudget von über 20 Milliarden Euro bis 2025 allerdings nicht für zu hoch: "Das gibt allein Deutschland doch schon innerhalb eines Jahres für die Energiewende aus", sagte Schwemmer. Die in Barcelona ansässige Agentur "Fusion for Energy" koordiniert die Beiträge der 28 EU-Mitgliedsstaaten und der Schweiz zum Bau des experimentellen Fusionsreaktors Iter. Ziel des Experimentalreaktors ist es, durch die Kernfusion von Wasserstoff-Isotopen fast emissionsfrei große Mengen Energie zu erzeugen.
Die Europäische Union hält einen Anteil von 45 Prozent an dem Projekt, die USA, Russland, China, Japan, Indien und Südkorea jeweils neun Prozent. Der seit 2015 amtierende Iter-Chef Bernard Bigot hatte den einst nur politisch vorgegebenen Zeitplan für das Bauprojekt nach Überprüfung durch unabhängige Gutachter angepasst.
Demnach soll der Iter nun nicht 2020, sondern erst im Jahre 2025 das erste brennende Plasma aus Wasserstoff erzeugen. Auch deshalb steigt die Kostenbeteiligung der Europäischen Union von ursprünglich 6,6 Milliarden Euro voraussichtlich um mehr als fünf Milliarden Euro an.
Quelle: dts Nachrichtenagentur