Menschen vergleichen sich gerne mit Schurken
Archivmeldung vom 25.04.2020
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittMenschen hegen Sympathien für fiktive Schurken, wenn diese etwas mit ihnen gemeinsam haben. In Film, Fernsehen und Literatur begegnen wir häufig Bösewichten, die wie eine Art dunkle Version von uns selbst erscheinen. Da es sich nicht um eine echte Person handelt, fällt Menschen der Selbstvergleich mit ihnen leichter, wie eine Studie der Northwestern University zeigt.
"Vergleich verlockend"
"Identifikation mit Figuren war schon immer Teil von Auseinandersetzung mit Fiktion. Das fiktive Gegenüber ist hier Projektionsfläche für eigene Wünsche, Erfahrungen, Ideale und eben auch Grenzen und 'schattenhafte Anteile'. Imperfektion und auch Vulnerabilität sind für uns als Menschen wesentlich und interessant, möglicherweise umso mehr in Zeiten der Digitalisierung, die ja auch mit Druck zur Selbstoptimierung einhergeht", erläutert die Medienpsychologin Katrin Brinkhoff im Gespräch mit pressetext.
Für die Studie haben die Forscher Daten der Entertainment-Website CharacTour analysiert, auf der User ein Persönlichkeitsquiz absolvieren können und am Ende mit verschiedenen fiktiven Charakteren verglichen werden. Es stellte sich heraus, dass die Nutzer der Website Bösewichte positiver bewerteten, wenn sie ihnen laut dem Quiz ähnlicher waren.
"Wir wollen uns in einem positiven Licht sehen. Es kann unangenehm sein, Ähnlichkeiten zwischen sich und einem schlechten Menschen zu finden. Jedoch scheint der Vergleich mit einem fiktiven Schurken verlockend und aufregend zu sein", erklären die Studienautoren Rebecca Krause und Derek Rucker.
"Ein sicheres Umfeld"
Den Forschern zufolge ist der Vergleich mit fiktiven Schurken angenehm, weil er in einem "sicheren Umfeld" stattfindet. Es sei für Menschen möglich, sich mit einem Charakter aus Film und Fernsehen wie dem Joker oder Lord Voldemort aus der "Harry Potter"-Reihe zu vergleichen, ohne dabei infrage zu stellen, ob sie selbst böse sind. Dadurch können sich Menschen mit ihren negativen Eigenschaften auseinandersetzen.
Quelle: www.pressetext.com/Georg Haas