kress.de veröffentlicht Geheimverträge: So massiv ist der Einfluss von Boehringer Ingelheim auf die Uni Mainz
Archivmeldung vom 12.08.2016
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Freigeschaltet durch André OttNoch viel enger als bislang nachgewiesen ist die auch vertraglich abgesicherte Bande zwischen der Uni Mainz und dem Pharmakonzern Boehringer Ingelheim. Das geht aus den bislang unveröffentlichten Verträgen zwischen den beiden Partnern hervor, die dem Mediendienst kress.de exklusiv vorliegen und die wir der Öffentlichkeit zugänglich machen. SWR-Chefreporter Thomas Leif hatte gerichtlich durchgesetzt, dass er die Vertragsunterlagen einsehen durfte.
SWR-Recherchen belegen zusätzlich, dass der Pharma-Konzern auch im Rahmen der groß angelegten "Gutenberg-Gesundheitsstudie" die Veröffentlichung der Forschungsergebnisse der Universität kontrolliert. Diese wurde - so die Geschäftsordnung der Studie - "vertraglich vereinbart."
Demnach geht der Einfluss des führenden Pharma-Konzerns weit über die bislang berichtete Steuerung der Forschung hinaus.
Die wichtigsten Fakten aus dem Kooperationsvertrag zwischen Boehringer Ingelheim Stiftung und der Universität Mainz:
Aus dem gesamten, bislang streng geheimen Vertragswerk, geht hervor, dass der Geldgeber - die Boehringer Ingelheim Stiftung - sich den bestimmenden Einfluss auf die Personalauswahl (von den Professoren bis zu den Geschäftsführern des Instituts) vertraglich gesichert hat.
Die Boehringer Ingelheim Stiftung bildet mit der Universität die Findungskommission.
Die Boehringer Ingelheim Stiftung definiert die Ausschreibungen.
Die Verhandlungen über die Berufungen werden in "Abstimmung mit der Stiftung" geführt.
"Die Mitglieder des Beirats werden in Einvernehmen mit der Stiftung bestellt."
Die Boehringer Ingelheim Stiftung ist im Beirat vertreten.
Die Veröffentlichungen von Forschungsergebnissen und die Pressearbeit sind nur mit Einvernehmen der Stiftung möglich. Ein eindeutiger und schwerwiegender Eingriff in die Forschungsfreiheit.
Dies gipfelt in der entscheidenden Vertragsvereinbarung: "Die Berufungsvereinbarung bedarf der Zustimmung der Stiftung."
Faktisch heißt das: Wer bezahlt, schafft an. Mit ihrer durchgehenden Veto-Position stellt sich der "Sponsor" über die Bestimmungen des Grundgesetzes, das Forschungsfreiheit garantiert, und über die Bestimmungen des Hochschulgesetzes, dass die absolute Unabhängigkeit der Wissenschaft zu garantieren und zu kontrollieren hat.
Das heißt auch: der Gesetzgeber duldet rechtswidrige Vereinbarungen als Gegenleistung für Sponsoring in Millionenhöhe. Das Ministerium duldet die rechtswidrigen Verträge selbst nachdem der Präsident die "Fehler" öffentlich eingestanden hat und diese korrigieren will. Dieser Vorgang birgt die Gefahr, dass Wissenschaft käuflich ist und die Universität zur verlängerten Werkbank der Forschungs- und Entwicklungsabteilungen der Pharma-Industrie wird.
Mehr auf kress.de, dem Mediendienst: http://nsrm.de/-/3jd (Dort können kress.de-Abonnenten auch die Geheimverträge als PDF herunterladen)
Quelle: kress.de (ots)