Weltneuheit "Paketroboter" auf AUTOMATICA vorgestellt
Archivmeldung vom 20.05.2006
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittGesucht war eine Lösung für die Verteilzentren der Deutschen Post AG, heraus kam eine Weltneuheit, die weit mehr als nur die Postprobleme löst: ein komplexes System, das lose, standardisierte Pakete autonom entladen kann. So ist es für den Roboter ein Leichtes, auch Übersee-Container auszuräumen.
Ihren ersten großen Auftritt hat die Innovation aus dem Bremer Institut für Produktion
und Logistik (BIBA) an der Universität Bremen nun auf der Messe AUTOMATICA in
München (Halle B3, Stand 524). Dort wurden vier der an dem Projekt beteiligten
Wissenschaftler heute mit dem "Walter Reis-Innovation Award for Robotics", dem
ersten europäischen Förderpreis für Entwicklungen im Bereich der Robotertechnik
und der Anwendung von Robotern ausgezeichnet.
Das Forschungsprojekt
Entwickelt wurde das System "Paketroboter" vom BIBA-Forschungsbereich Intelligente Produktions- und Logistiksysteme (IPS) in Kooperation mit der Deutschen Post AG und EADS SPACE Transportation. Die besondere technische Herausforderung war die Kombination der einzelnen Komponenten zu einem funktionierenden Gesamtsystem. In einem nächsten Schritt auf dem Weg zur Serienreife wird das System bei einem Pilotkunden integriert. Danach soll das Produkt am Markt platziert werden. Potenzielle Kunden sind nationale und internationale Unternehmen, die loses standardisiertes Stückgut aus Containern bisher noch manuell entladen.
Der Walter
Reis-Innovation Award for Robotics
Der im Zweijahres-Rhythmus ausgelobte Preis wurde von Walter Reis, dem Gründer und Inhaber der Firma Reis Robotics in Obernburg ins Leben gerufen, um Innovationen in der Robotertechnik zu unterstützen. Er richtet sich an Gruppen oder Einzelpersonen aus Unternehmen Forschungsinstitutionen, die eine öffentlich zugängliche, wissenschaftliche Arbeit oder technische Entwicklung im Bereich der Robotertechnik abgeschlossen haben.
Das Team "Paketroboter" hat sich im Themenbereich "Innovationen der Kinematik, der Steuerung und der Antriebstechnik für Roboter" für den Award beworben. Von einer unabhängigen Jury mit Fachleuten aus Industrie und Wissenschaft wurde es für seinen innovativen Ansatz der Roboterkinematik und für die auf einer Bahnplanung basierenden Steuerung ausgezeichnet. Die Roboterkinematik ist abgestimmt auf eine spezielle Aufgabenstellung und kann die Bewegungen des Roboters im Vorfeld der Greifaktion simulieren.
Die
Preisträger
Dipl.-Ing. Wolfgang Echelmeyer (BIBA) studierte Produktionstechnik an der Universität Bremen, war danach wissenschaftlicher Mitarbeiter am BIBA und ist seit 2002 als wissenschaftlicher Assistent am Lehrstuhl für Planung und Steuerung Produktionstechnischer Systeme an der Universität Bremen tätig. Er arbeitet an der Entwicklung und Integration von automatisierten Logistiksystemen sowie als Dozent in mehreren Lehrveranstaltungen im Fachbereich Produktionstechnik und ist Abteilungsleiter der Forschergruppe Thematik Robotik in der Logistik des BIBA-Bereiches Intelligente Produktions- und Logistiksysteme.
Dipl.-Ing. Eckhard
Wellbrock (BIBA) studierte an der Universität Bremen Produktionstechnik, war
danach zunächst als studentischer Mitarbeiter beschäftigt und arbeitet nun als
Wissenschaftler am BIBA. Seine Forschungsschwerpunkte liegen im Bereich der
Entwicklung eines Systems zur Simulation und Implementierung von Sensorik und
Handhabungsrobotik in der Produktionslogistik und der Produktentwicklung mit
anwendungsorienterten Expertensystemen, Rapid Technologien und Virtuelle
Produktentwicklung.
Dipl.-Ing. Moritz Rohde (BIBA) studierte an der
Universität Bremen Produktionstechnik, war dann als studentischer Mitarbeiter in
den BIBA-Bereichen der Produktentwicklung, Prozessplanung und
Computerunterstützung sowie Planung und Steuerung Produktionstechnischer Systeme
beschäftigt. Seit 2006 ist er wissenschaftlicher Mitarbeiter im BIBA. Seine
Forschungsschwerpunkte liegen in der Simulation, der Entwicklung und
Implementierung von Robotersystemen in der Produktionslogistik, sowie in der
virtuellen Produktentwicklung.
Dr. Ingo Ahrns (EADS SPACE Transportation) studierte Informatik an der Universität Kiel, arbeitete am Lehrstuhl für kognitive Systeme im Bereich autonome Robotik und Neuroinformatik und wechselte später zum DaimlerChrysler-Forschungszentrum, wo er im Projekt Advanced Servicing Robots über neurobiologisch motivierte Ansätze zur monokularen Tiefenschätzung aus Graubildfolgen promovierte. Seit 1999 ist er bei der EADS in der Abteilung Automation & Robotik als Entwickler und Projektleiter tätig und beschäftigt sich mit dem Themen 2D-und 3D-Bildverarbeitung für das Greifen von Robotiksystemen.
Das System "Paketroboter"
Ein 3D-Laserscanner scannt die Paketlagen im Container-Innenraum. Das Scannerbild wird auf einen PC übertragen, wo die Koordinaten für den Paketgreifer des Roboters ermittelt werden. Eine von EADS SPACE Transportation entwickelte Steuerungs- und Bildverarbeitungs-Software ermöglicht diese Berechnungen. Derart angesteuert nimmt der Greifer kubische Pakete unterschiedlicher Größen mit einem Gewicht von bis zu 31,5 Kilogramm auf und legt sie auf einem Förderband ab. Befinden sich die Pakete außerhalb des Roboter-Arbeitsraumes, fährt der Roboter auf der Plattform selbstständig zum optimalen Standort und entlädt weiter. Die Plattform ist an ein Teleskopförderband gekuppelt, das den Roboter je nach Bedarf in den Container schiebt.
Nach einer Testphase auf dem BIBA-Versuchsstand wurde das System im Post-Verteilzentrum Bremen eingebaut. Hierbei stand die Integration in die bestehenden logistischen Prozesse im Mittelpunkt. An einem zweiten Versuchsaufbau entwickelte das Projekt-Team weitere Greifer, testete verschiedene Industrieroboter und untersuchte mehrere Einsatzmöglichkeiten für das System. Das Ergebnis dieser beiden Testanwendungen: Der Einsatz eines Knickarm-Roboters reduziert die Prozessgeschwindigkeit erheblich und wird damit unwirtschaftlich.
In einer weiteren Phase entwickelte das Projekt-Team
ein mittlerweile patentiertes Robotersystem, das die Entladung der Pakete
schneller, zuverlässiger und damit auch wirtschaftlicher gestaltet. Das
Hybridroboter-System mit 6 Achsen und einer für dieses Anwendungsfeld
entwickelten Steuerung ist eine Konstruktion der Firma Strothmann. Es wurde
ausschließlich für diese Aufgabenstellung gebaut und ermöglicht einen
einfacheren Transport der Pakete: keine 180 Grad-Drehung mehr, wie der
Knickarmroboter es erforderte. Stattdessen arbeitet das neue System mit linearem
Vorschub, greift die Pakete und legt sie direkt auf das Förderband. Dieses
Verfahren ist nicht nur schneller, sondern zeichnet sich auch durch seine hohe
Prozesssicherheit aus.
Quelle: Pressemitteilung Informationsdienst Wissenschaft e.V.