Aufsehen erregender Fund: "Heliand"-Fragment aus dem 9. Jahrhundert
Archivmeldung vom 15.05.2006
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittDie Universitätsbibliothek Leipzig präsentiert am 18. Mai 2006 einen Aufsehen erregenden Fund: ein Fragment in Altniederdeutsch aus dem 9. Jahrhundert. Er gehört zur Bibeldichtung "Heliand" und ist mehr als hundert Jahre älter als die einzige bisher bekannte Überlieferung in einer Handschrift des Britischen Museums aus dem späten 10. Jahrhundert.
Der Text überliefert die Erzählung von den Frauen, die das Grab Christi verlassen vorfinden. Der Verfasser des "Heliand" ist anonym, lebte aber wohl im 9. Jahrhundert in Norddeutschland, wo man altniederdeutsch bzw. "altsächsisch" sprach.
Das Fragment wurde im Magazin der Bibliotheca Albertina durch
Thomas Döring entdeckt, Mitarbeiter des Bereichs Sondersammlungen der UB
Leipzig. Ein vergleichsweise unscheinbarer Band des 17. Jahrhunderts war mit dem
beschriebenen Pergamentblatt eingebunden. Das Textbruchstück auf dem Umschlag
stammte erkennbar aus karolingischer Zeit und vor allem: es war nicht
lateinisch.
Der germanistische Sprachhistoriker der Universität Leipzig,
Prof. Dr. Hans Ulrich Schmid, identifizierte das Stück sofort als Fragment aus
dem "Heliand". Schmid vermutet, dass die Leipziger Textfassung aus der Zeit des
Autors stammt. Vielleicht gehört das Fragment sogar zu einer Handschrift, die
Luther und Melanchthon nachweislich noch vollständig vor Augen hatten. Prof.
Schmid: "Der Fund ist nicht nur für die Fachgermanistik eine
Sensation."
Bei der Präsentation des Fundes am kommenden Donnerstag wird
Prof. Dr. Hans Ulrich Schmid das Fragment durch einen Kurzvortrag
wissenschaftlich erläutern. Zeitgleich wird auf der Homepage der UB
(www.ub.uni-leipzig.de) das Fragment in vorder- und rückseitiger Abbildung zu
sehen sein.
Quelle: Pressemitteilung Informationsdienst Wissenschaft e.V.