Eine der größten Asteroidenkollisionen im Sonnensystem verantwortlich für Meteoritenschauer im Erdaltertum
Archivmeldung vom 20.01.2007
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Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt"Vor 470 Millionen Jahren ereignete sich im Asteroidengürtel, an der Grenze zwischen äußerem und innerem Sonnensystem, eines der größten Kollisionsereignisse unseres Sonnensystems, als zwei wahrscheinlich einige hundert Kilometer große Asteroiden zusammenstießen.
Dieses Ereignis setzte einen Schwarm kleinerer Bruchstücke frei, die bis zu den erdähnlichen Planeten im inneren Sonnensystem abgelenkt wurden und innerhalb weniger Millionen Jahre - einer geologisch kurzen Zeit - auf die Erde regneten. Heute finden wir Überreste kleiner Meteorite in fossilen Ablagerungen des
mittleren Ordoviziums, während kilometergroße Bruchstücke bis zu 30 km große
Einschlagskrater hinterließen."
Mit diesen Worten fasst Ekaterina
Korochantseva, Doktorandin am Mineralogischen Institut der Universität
Heidelberg, eine neue Studie zusammen, die in der Januarausgabe der Zeitschrift
"Meteoritics and Planetary Science" (Band 42, S. 113-129) erschienen ist unter
dem Titel: "L chondrite asteroid breakup tied to Ordovician meteorite shower by
multiple isochron 40Ar-39Ar dating" (Autoren: Ekaterina V. Korochantseva, Mario
Trieloff, Cyrill A. Lorenz, Alexei I. Buikin, Marina A. Ivanova, Winfried H.
Schwarz, Jens Hopp, Elmar K. Jessberger)."
Sogar heute noch ist ein
Viertel der Meteorite, die die Erde treffen, auf dieses kosmische Großereignis
vor 470 Millionen Jahren zurückzuführen" erläutert der Leiter der
Isotopen-Datierungsgruppe, Privatdozent Dr. Mario Trieloff. Vor etwa zehn Jahren
entdeckte eine Arbeitsgruppe unter der Leitung von Prof. Birger Schmitz erstmals
fossile Meteorite in einem schwedischen Steinbruch, eingebettet in Kalkstein aus
dem mittleren Ordovizium. Da diese Meteorite sehr stark verwittert waren, war es
nicht möglich, sie chemisch oder mineralogisch zweifelsfrei einem der bekannten
Meteoriten-Typen zuzuordnen oder etwas über ihre Geschichte zu erfahren. Die
Heidelberger Wissenschaftler haben mittels einer weiterentwickelten
radiometrischen Datierungsmethode gezeigt, dass eine heute noch auf die Erde
treffende Meteoriten-Gesteinsgruppe (die so genannten L-Chondrite) von einem
Asteroiden stammt, der durch eine große Kollision vor exakt 470 ± 5 Millionen
Jahren auseinandergerissen wurde. Dieser Zusammenstoß brachte Gesteine der
beiden Asteroide zum Schmelzen und verursachte gewaltige Stoßwellen mit einem
Spitzendruck von mehreren hundert Kilobar, vergleichbar mit dem statischen Druck
im Erdinneren in 2000 km Tiefe.
Darüber hinaus konnten die Heidelberger
Wissenschaftler zeigen, dass die Gesteinsschichten des Ordoviziums, in denen die
fossilen Meteorite abgelagert wurden, 467 ± 2 Millionen Jahre alt sind. Damit
ergibt sich ein eindeutiger Zusammenhang: Eine der größten bekannten Kollisionen
im Asteroidengürtel zerriss einen hunderte Kilometer großen Kleinplaneten vor
470 Millionen Jahren - kleine und große Bruchstücke wurden damals in Richtung
Erde abgelenkt und bewirkten, dass für einige Millionen Jahre etwa hundert mal
so viele Meteorite wie in der Neuzeit auf die Erde fielen. Der Einschlag
kilometergroßer Bruchstücke war ebenfalls deutlich häufiger. Die Energie solcher
Einschläge ist beträchtlich und hatte damals sehr wahrscheinlich globale
Auswirkungen. So wird beispielsweise ein 30 km großer Krater durch ein Ereignis
verursacht, dessen Energie etwa zehn Millionen Hiroshima-Bomben entspricht - das
ist, wie wenn ein Berg der Größe des Feldbergs (Schwarzwald) mit einer
Geschwindigkeit von 50 000 Stundenkilometern die Erde trifft. Auch der Eintrag
von kosmischem Staub in die Erdatmosphäre dürfte erhöht gewesen sein, und zwar
für mehrere Millionen Jahre. Heute ist etwa die Hälfte aller Staubpartikel in
der oberen Atmosphäre extraterrestrischen Ursprungs. Die Häufigkeit dieses
Staubes, der dort lange Verweilzeiten hat, war damals hundert Mal so hoch wie
heute. Wie sich dies auf das Klima der Erde auswirkte, ist noch nicht genau
bekannt. Prof. Birger Schmitz, Entdecker der fossilen Meteorite, mutmaßt aber,
dass die Biodiversifikation (Explosion der Artenvielfalt) im mittleren bis
späten Ordovizium etwas mit Klimaveränderungen und dem kosmischen Bombardement
dieser Zeit zu tun hat, dass also eine tief greifende Veränderung unserer
Biosphäre durch einen Vorgang in den äußeren Bereichen unseres Sonnensystems
verursacht wurde.
Rainer Altherr, Direktor des Mineralogischen Institutes: "Wir freuen uns besonders darüber, dass die präzise Datierung dieses kosmischen Großereignisses mit einer Heidelberger Datierungs-Methode gelang. Die sogenannte 40Ar-39Ar-Technik ist eine verbesserte Variante der ehemals von Wolfgang Gentner in den 50er Jahren des letzten Jahrhunderts in Heidelberg entwickelten K-Ar-Methode. Isotopendatierung spielt in den modernen Geowissenschaften, gerade auch in Heidelberg, eine immer wichtigere Rolle und eignet sich hervorragend als Brücke zwischen verschiedenen Disziplinen wie Astronomie, Sonnensystemforschung, Geologie-Paläontologie, Mineralogie und Umweltwissenschaften."
Quelle: Pressemitteilung Informationsdienst Wissenschaft e.V.