"Geisterwolken" enttarnt
Archivmeldung vom 01.11.2006
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Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt"Geisterwolken über Deutschland" - so lautete die Schlagzeile, die im Juli 2005 durch die Medien ging. Damals war über Norddeutschland ein Phänomen aufgetreten, dass sehr viel Aufregung verursachte: Am 19. Juli hatten Radargeräte Echos gemeldet, die offensichtlich nicht von Wolken oder Niederschlag kommen konnten. Ein Bericht in den Mitteilungen der Deutschen Meteorologischen Gesellschaft hatte daraufhin von so genannten "unbekannten Flugobjekten im RADAR-Bild" gesprochen.
Der Autor Jörg Asmus vermutete, das Phänomen sei auf so genannte Düppel
(englisch "Chaff") zurückzuführen. Dieses Material setzt das Militär ein, um
gegnerische Radargeräte zu täuschen. Professor Dr. Klaus Dieter Beheng und Dr.
Ulrich Blahak vom Institut für Meteorologie und Klimaforschung der Universität
Karlsruhe/Forschungszentrum Karlsruhe haben nun eine Stellungnahme zu diesem
Thema in den Mitteilungen der Deutschen Meteorologischen Gesellschaft
veröffentlicht. "Wir möchten die Diskussion mit dieser Unversuchung
versachlichen", erklärt Beheng.
In ihrer Untersuchung haben die
Karlsruher Wissenschaftler Hypothesen geprüft und Literatur zu Erfahrungen mit
Düppeln ausgewertet. Beheng: "Wir sind ebenfalls zu dem Ergebnis gekommen, dass
nur Düppel diese Radarechos hervorgerufen haben können." Dies sei nicht
ungewöhnlich, sondern komme gelegentlich vor. In Friedenszeiten verwendet das
Militär dieses Material für Übungen. Dabei handelt es sich laut Beheng um
unterschiedlich lange, metallummantelte Kunststofffasern von der Dicke eines
Haares. Deren Zweck: Trifft ein Radarstrahl eine solche Faser, sendet diese
einen Teil der Strahlung sehr effektiv zurück, sofern ihre Wellenlänge ungefähr
im Bereich der halben Wellenlänge der Radarstrahlung liegt. Somit empfängt das
Radargerät ein "falsches" Echo. Neben dem Militär verwenden auch Meteorologen
Düppel - zum Beispiel, um die Strömungen im Innern von Wolken zu
untersuchen.
Um die Vermutung, deutsche Militärflugzeuge hätten die
Düppel abgeworfen, zu prüfen, fragte Beheng bei der Bundeswehr nach. "Die
Auskunft war, dass zur fraglichen Zeit im betroffenen Bereich keine deutschen
Luftwaffenübungen stattfanden." Da das Radarecho zunächst über dem Ärmelkanal
sichtbar war und sich anschließend nach Osten ausdehnte, vermutet Beheng, dass
es von ausländischen Militärflugzeugen verursacht wurde.
Außerdem haben
die Karlsruher Wissenschaftler berechnet, welche Menge Düppel für das
beobachtete Phänomen nötig war. "Wir gehen davon aus, dass maximal 270 Kilogramm
Düppel freigesetzt wurden", erklärt der Meteorologe. Dies sei keine
ungewöhnliche Menge - in der Presse war 2005 hingegen über Mengen bis zu
mehreren Tonnen Düppel spekuliert worden.
Ob Düppel gesundheitsschädlich sind, dazu sagt die Untersuchung von Professor Beheng nichts aus: "Dies ist Sache von Toxikologen." Ein Problem allerdings sieht der Wissenschaftler: Nicht nur militärische Radargeräte werden durch Düppel getäuscht, sondern auch Wetterradargeräte. Vermischt sich Düppel beispielsweise mit Wolken, könne man nicht mehr zwischen natürlichen und künstlichen Radarechos unterscheiden.
Quelle: Pressemitteilung Informationsdienst Wissenschaft e.V.