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FLIC - Kinderleichtes Sprachenlernen für Erwachsene

Archivmeldung vom 24.05.2006

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 24.05.2006 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt
FLIC - Lehrer-Schüler-Interaktion
FLIC - Lehrer-Schüler-Interaktion

Eine beeindruckende neue Methode zum Sprachenlernen setzt auf aktuelle neurowissenschaftliche Forschungsergebnisse, um Erwachsenen den Erwerb neuer Sprachen kinderleicht werden zu lassen.

Die Möglichkeit, sich innerhalb der Europäischen Union frei bewegen zu können, eröffnet sowohl Privatpersonen als auch Unternehmen hervorragende Perspektiven - stets erfordert das Engagement in einem fremden Land jedoch die Fähigkeit, die dortige Sprache sprechen (oder schnell erlernen) zu können. Um so dramatischer ist es, - wie aktuelle Studien belegen - dass 51 Prozent der EU-Bürger keine andere Sprache außer ihrer Muttersprache sprechen können - eine erstaunlich geringe Zahl in Anbetracht der Tatsache, dass über 90 Prozent der Europäer in der Schule eine zweite Sprache lernen.

"Das Problem besteht darin, dass das Erlernen einer Sprache heutzutage auf viel zu intellektuellem Wege angegangen wird", erklärt Ralph Warnke, der Koordinator des durch das IST-Programm geförderten FLIC-Projekts. Wie viel zu viele von uns bestätigen können, führt das rationale Erlernen der Grammatik einer Sprache nach traditionellen Lehrmethoden noch lange nicht dazu, dass man diese Sprache auch tatsächlich sprechen kann. "Auf Grundlage unserer Beobachtungen, wie etwa bilingual erzogene Kinder Sprachen lernen, entschieden wir uns, einen einfacheren Weg für Erwachsene zu finden, sich eine zweite Sprache anzueignen", sagt Warnke.

Warnke ist Geschäftsführer der MediTECH, einem deutschen Unternehmen, das u.a. den Brain-Boy® entwickelt hat - eine Art tragbaren Spielcomputer, der eine hocheffektive, technologiebasierte Lösung zur Verbesserung der Sprachfähigkeiten von an Leserechtschreibschwäche leidenden Kindern durch Training der acht Grundfunktionen des Sprachvermögens, wie beispielsweise der Tonhöhendiskrimination und dem Richtungshören, darstellt. "Leserechtschreibschwache Kinder müssen ihre Muttersprache wie eine Fremdsprache lernen", erklärt Warnke. "Dies führte mich zu der Frage warum dieser technologiebasierte und nachweislich wirkungsvolle Ansatz nicht auch beim Lernen von Sprachen durch Erwachsene funktionieren sollte?"

Direktes Feedback zur Verbesserung des Lernens
FLIC verwendet ein Feedbacksystem, das den Lernenden mit einem Headset (Kopfhörer-Mikrofon-Kombination) und einer lautverarbeitenden Blackbox (oder Software im Falle einer Heimversion) ausstattet. Zu Beginn des FLIC-Kurses lesen die Teilnehmer einen Text, während dieser ihnen gleichzeitig von einer Modelstimme über die Kopfhörer vorgesprochen wird. Danach lesen sie den Text während sie ihn hören, stimmlos mit ("Das Gehirn arbeitet auch, wenn stimmlos gesprochen wird", erklärt Warnke). Im dritten Schritt sprechen sie die Wörter laut synchron zur Modellstimme mit.

Dann - und dies ist der Trick an der Sache - gibt das System in einem Ohr das vom Teilnehmer Gesprochene wieder, während im anderen die Modelstimme ertönt. "Und die Wiedergabe erfolgt nicht immer im gleichen Ohr, sondern wandert von einem Ohr zum anderen. Dadurch wird der interhemisphäre Austausch gefördert", erläutert Warnke. "Beide Hemisphären sind für das Erlernen einer Sprache sehr wichtig. Die linke Hemisphäre ist an der Worterkennung beteiligt - sie ist der "Wortprozessor" des Gehirns; die rechte Hemisphäre hingegen steuert die Prosodie (Sprachmelodie; Anm. d. R.) - insgesamt ein lebendiger Dekodierungsprozess, der die nicht-offensichtliche Bedeutung von gehörter Sprache aufdeckt."

Durch die Verwendung der Stimme des Lernenden wird der Lernprozess unterstützt, da, wie Studien gezeigt haben, wir den Stimmen die größte Aufmerksamkeit schenken, die mit unserer eigenen eine gewisse Ähnlichkeit besitzen. FLIC macht sich diese Tatsache im nächsten Schritt zu Eigen und modifiziert die Modelstimme in der Weise, dass diese mit der Stimme des Lernenden vermischt wird, welche vorher durch eine von einem FLIC-Projektpartner - der KTH Stockholm - entwickelten Software in verschiedene Bänder getrennt und bezüglich Geschwindigkeit, Tonhöhe u.v.m. analysiert wurde. "Wenn Lernende dies hören entsteht bei Ihnen das Gefühl, dass Sie die Fremdsprache viel besser sprechen können, als sie erwartet hätten", sagt Warnke. "Sie freuen sich sehr darüber und setzen das Üben und Sprechen daher gerne fort."

Hilfe bei Aufbau und Aufrechterhalten des Vokabulars
Auch die Fähigkeit, das erlernte Vokabular über einen längeren Zeitraum im Gedächtnis zu behalten, kann durch diese innovative Stimmentechnik verbessert werden. Die Lernenden hören in einem Ohr ein Wort in der zu erlernenden Sprache (Zielsprache) und im anderen Ohr gleichzeitig die Bedeutung dieses Wortes in ihrer Muttersprache. "Dabei wandern die Wörter und deren Übersetzungen wieder zwischen den Ohren und damit den Hemisphären hin und her", sagt Warnke.

Ohne auch nur eine Grammatikstunde besuchen zu müssen, lernen die Teilnehmer die Struktur der Sprache anhand von Beispielen, überwiegend in Form von Dialogen, die sie sich entweder nur anhören oder aktiv an ihnen teilnehmen. "Sie "absorbieren" die Regeln auf natürliche Weise, genau so, wie kleine Kinder eine Sprache erlernen", sagt Warnke. "FLIC vermittelt den Menschen ein inneres Muster der Sprache wie dies kein anderes System kann."

Warnke ist überzeugt, dass FLIC eine versteckte Fähigkeit des Gehirns ausnutzt: "Im Alter von zwei Monaten können japanische Babies acht verschiedene Unterformen von R- und L-Lauten unterscheiden. Im Alter von acht Monaten sind sie dazu nicht mehr in der Lage, da das Japanische keinen R-Laut enthält", erklärt er. "Ganz offensichtlich ist die Fähigkeit, einen R-Laut zu hören, jedoch angeboren. Das deutet darauf hin, dass wir die natürliche Fähigkeit haben, jeden Laut jeder Sprache hören und imitieren zu können, unabhängig von unserer Muttersprache. Ich denke, dass diese Fähigkeit zwar vergessen werden kann, niemals jedoch vollständig verloren geht. Aus diesem Grund bieten wir eine Art des Sprachenlernens, die im Gehirn des Lernenden ein inneres Abbild der Sprache erzeugt und dadurch das Gehirn lehrt, gewisse Laute wieder zu erkennen, die auf der "Karte" der Muttersprache nicht vorhanden sind."

Nach drei Jahren der Entwicklung und Erprobung, werden die FLIC-Versuchsreihen zurzeit durch die University of Sheffield in Großbritannien ausgewertet. Die vollständigen Ergebnisse werden im Mai erwartet.

"Die Testphase wurde an fünf verschiedenen Orten in den drei Ländern Frankreich, Deutschland und Italien durchgeführt", erklärt Warnke. "Gruppen bestehend aus Anfängern, Teilnehmern mit erweiterten Kenntnissen und Fortgeschrittenen nahmen an Kursen über 24 und 48 Unterrichtsstunden teil, während Kontrollgruppen konventionelle Kurse besuchten. Erste Ergebnisse deuten an, dass durch FLIC die Zeit, die für das Lernen einer Sprache erforderlich ist, um 50 % verringert wird." Die Akzeptanz der Methode war dabei sowohl unter Studenten als auch unter Lehrern hoch. Bisher bietet FLIC Kurse in Englisch, Deutsch und Italienisch an - andere Sprachen können jedoch problemlos hinzugefügt werden.

Warnke hofft, das Produkt in naher Zukunft auf den Markt zu bringen. Es wird sowohl für Einzelpersonen (Heimanwender) als auch für Gruppen (Sprachschulen) geeignet sein, da es als Software- und als Hardware-Version verfügbar sein wird.

"Es gibt noch einige technische Hürden, die wir in naher Zukunft überwinden möchten", fügt er hinzu. "Zum Beispiel haben wir versucht die Kunstkopfstereophonie zu integrieren, die einen dreidimensionalen Höreindruck erzeugt. Die erforderlichen komplexen Berechnungsvorgänge verhinderten bisher jedoch die Umsetzung. Wir wollen dieses Problem lösen und den Höreindruck perfektionieren, da die Illusion einer wirklichkeitsgetreuen Umgebung für die Lernenden sehr hilfreich wäre."

Während noch gewisse Feinabstimmungen getroffen werden müssen, deuten die verfügbaren Testergebnisse an, dass FLIC ein durchschlagender Erfolg ist. "Tatsächlich", sagt Warnke, "ist es das erste System, mit dem Sie eine Sprache erlernen, ohne dass Ihnen dies überhaupt voll bewusst ist."

Quelle: Pressemitteilung Informationsdienst Wissenschaft e.V.

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