Menschliche Landnutzung treibt Veränderungen der Böden voran
Archivmeldung vom 24.04.2014
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Freigeschaltet durch Manuel SchmidtDer Biologe Professor Ulf Karsten vom Institut für Biowissenschaften und der Bodenkundler Professor Peter Leinweber von der Agrar-und Umweltwissenschaftlichen Fakultät der Universität Rostock haben einen „großen Fisch“ an Land gezogen. Sie sind durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) geadelt worden und nun eingebunden in das nationale Schwerpunktprogramm (SPP 1374 - Biodiversitäts-Exploratorien) zur Biodiversitätsforschung.
Das bedeutet für Rostock im Klartext: 500.000 Euro Forschungsgeld, das zwei neue Stellen ermöglicht und eine gute Ausstattung für Feldarbeit und Analysen im Labor. „Wir starten mit unseren Forschungen im Mai, sammeln zunächst in der Schorfheide biologische Bodenkrusten, die dann in Rostock untersucht werden“, skizziert Prof. Karsten. Biodiversitätsforschung ist ein junges interdisziplinäres Wissenschaftsgebiet, dessen Forschungsaufgaben nur in langfristigen Ansätzen lösbar sind. Die DFG fördert hier seit einiger Zeit neben etlichen Einzelvorhaben auch eine Anzahl größerer Forschungsverbünde, eingeschlossen die Forschungsplattform Biodiversitätsexploratorien. Biodiversitätsforschung entspricht der Verpflichtung, die Deutschland durch die Unterzeichnung der Biodiversitätskonvention (CBD) eingegangen ist.
In den 2006 gegründeten Biodiversitäts-Exploratorien sollen die Wechselwirkungen zwischen Veränderungen in der Artenvielfalt und der Intensität der Landnutzung sowie die Folgen dieser Veränderungen für Ökosystemprozesse untersucht werden. Dazu wurden drei Gebiete ausgesucht, das Biosphärenreservat Schorfheide-Chorin (Brandenburg), die Region Hainich-Dün mit dem Weltnaturerbe Nationalpark (Thüringen) und die Schwäbische Alb (Baden-Württemberg). In jedem der Gebiete wurden je 50 Untersuchungsflächen im Wald und 50 im Grünland entlang eines Landnutzungsgradienten sowie eine meteorologische Station eingerichtet. Die Flächen sind also mit zahlreichen Messinstrumenten ausgestattet, um eine möglichst große Zahl von Ökosystemfunktionen erfassen zu können.
Das Besondere der zwei Rostocker Forscher: Professor Leinweber und Prof. Karsten sind deutschlandweit geachtete Spezialisten für Bodenkrusten . Zu diesem Thema haben sie innerhalb der Uni Rostock über die Interdisziplinäre Fakultät im Departement maritime Systeme über den eigenen Tellerrand hinaus geblickt und sich fachlich als Team für das herausfordernde Thema fit gemacht. Biologische Bodenkrusten sind Pionier-Gemeinschaften, die in allen Klimazonen und auf allen Kontinenten der Erde vorkommen, speziell dort, wo die Bodenfeuchte als limitierender Faktor wirkt. Diese Gemeinschaften bestehen meist aus Bakterien, Algen, Pilzen und Flechten. Neuere Daten zeigen, dass ca. 50 Prozent der weltweiten biologischen Stickstofffixierung an Land über biologische Bodenkrusten realisiert werden, wodurch die Böden quasi „gedüngt“ werden. „Bodenkrusten spielen beispielsweise in den australischen Trockengebieten eine große Rolle“, sagt Prof. Karsten. Das Phänomen: Auf den Krusten bilden sich Gräser aus, die saftiger und kräftiger sind als anderswo. Da lässt sich viel nachhaltiger Viehhaltung in Trockengebieten durchführen. „Zu diesem Thema gibt es noch viele Fragen“, sagt Prof. Leinweber. „Deshalb untersuchen wir die Wechselwirkungen in Ökosystemen und gehen der Frage nach, welche Auswirkungen der globale Wandel und die Beanspruchung durch den Menschen auf diese hochkomplexen Gefüge haben. Die menschliche Landnutzung ist der Haupttreiber aktueller Veränderungen der Böden“, sagt Prof. Karsten. So würden die Nährstoffkreisläufe sowie viele weitere Ökosysteme stark beeinflusst. Bislang sei weitgehend unbekannt, inwieweit unterschiedliche Organismen eine ähnliche Reaktion auf menschliche Landnutzung zeigen und ebenso ist unklar, wie dies verschiedene, oft miteinander wechselwirkende Ökosysteme beeinflussen“, steht unisono für Leinweber und Karsten fest. Biodiversität gehört zu unseren wichtigsten Lebensgrundlagen. Die Vielfalt der Organismen und ihre Wechselwirkungen halten die uns umgebende Natur – die Ökosysteme – gesund und leistungsfähig. Sie sorgt dafür, dass wir sauberes Wasser, fruchtbaren Boden und reine Luft haben, und sie schafft die Voraussetzungen für eine nachhaltige Nutzung von Böden und Gewässern.
Schon 2035, so sagen Wissenschaftler voraus, wird der Rohstoff Phosphor im Boden nicht mehr ausreichend zur Verfügung stehen. Doch Phosphor ist für alle Lebewesen ein essenzielles Nährelement und in der Landwirtschaft mitverantwortlich für das Pflanzenwachstum. Aufgrund der weltweit begrenzten Phosphor-Vorkommen wird schon ab etwa 2035 global die Nachfrage das Angebot an Phosphor-Mineralen übersteigen. Die daraus folgende Verknappung kann die weltweite Lebensmittelproduktion bedrohen. Prof. Leinweber ist ein Pionier der Phosphorforschung. „Der Charme des Projektes ist es, dass wir diese Forschung jetzt mit vielen externen Partnern und auch über den neugegründeten WissenschaftsCampus Rostock Phosphorforschung vertiefen können“. Da sei eben eine interdisziplinare Herangehensweise in der Forschung unumgänglich, sagt Prof. Dr. Peter Leinweber. Doch wie entsteht die Vielfalt der Organismen? Wie funktionieren Ökosysteme und was geschieht, wenn – zum Beispiel durch das Sterben von Arten oder den Klimawandel – das Gleichgewicht in diesen Systemen gestört wird? Antworten auf solche Fragen sucht die Biodiversitätsforschung. Text: Wolfgang Thiel
Quelle: Universität Rostock (idw)