Atomarer Regenbogen: Ultrakurzer Laserblitz erzeugt Attosekunden-Röntgenlicht
Archivmeldung vom 11.08.2007
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Freigeschaltet durch Jens BrehlAtome, die diesem extremem Lichtpuls ausgesetzt sind, senden einen Attosekunden-Röntgenpuls aus (eine Attosekunde ist ein Milliardstel von einem Milliardstel einer Sekunde), dessen Spektrum -- übertragen auf niedrigere Frequenzen -- beinahe ebenso viele Farben wie sichtbares Lichts umfasst, angefangen bei Blau über Grün und Gelb bis hin zum Rot.
Der resultierende "weiße" Puls hat erwartungsgemäß eine Dauer von etwa 100 Attosekunden und enthält mehr als eine Million Röntgenphotonen. Er ist daher kurz genug, um die Bewegung der auf Molekül-Orbitalen umlaufenden Elektronen einzufangen. Über die Echtzeitbeobachtung der Elektronen, die Atome aneinander binden, wird man wertvolle Einsichten gewinnen, wie es zur Bildung und zum Auseinanderfallen von Molekülen kommt. Die Ergebnisse wurden in der Juli-Ausgabe des New Journal of Physics [1,2] veröffentlicht und sind das Thema der Titelseite der Fachzeitschrift SCIENCE.
Licht ist eine Welle, in der das
schwingende elektromagnetische Feld seine Richtung und Stärke mit
verblüffender Schnelligkeit ändert. Im Fall von sichtbarem Licht treten
diese Änderungen einige 100 Billionen Mal (100 000 mal eine Milliarde)
in der Sekunde auf. Daher benötigt sichtbares Licht für eine volle
Schwingung nur einige tausend Attosekunden. Das Forscherteam hat es nun
geschafft, intensive Blitze von sichtbarem Laserlicht zu erzeugen, bei
denen mehr als die Hälfte der Energie innerhalb eines einzigen
Schwingungszyklus steckt. Mit dieser einzelnen Feldschwingung großer
Amplitude kann man auf geladene Teilchen wie Elektronen gezielt eine
extrem starke Kraft ausüben und damit deren Bewegung in und um die
Atome mit noch nie da gewesener Präzision steuern.
Auf dem
Maximum dieser hochintensiven Wellenschwingung ist die Kraft stark
genug, um ein Elektron mit fast hundertprozentiger Wahrscheinlichkeit
vom Atom wegzuziehen, wobei das Elektron eine Geschwindigkeit von
mehreren Tausend Kilometern pro Sekunde erreicht. Aber selbst mit
dieser hohen Geschwindigkeit kommt das freigesetzte Elektron nur einige
Nanometer weit, bevor es während der zweiten Hälfte der
Lichtschwingung, die eine Kraft in die entgegengesetzte Richtung
ausübt, gezwungen wird, zum Mutteratom zurückzukehren. Bei dieser so
genannten Rekombination, die bereits etwa zwei tausend Attosekunden
nach der Freisetzung des Elektrons stattfindet, sendet das Atom einen
Röntgenpuls aus.
In einem konventionellen Laserpuls, der aus
vielen Schwingungen besteht, tritt dieser Prozess der Rekombination und
Röntgenemission mehrere Male auf, einmal während jedes halben
Wellenzyklus. In starkem Gegensatz dazu erlaubt der nun erzeugte
hochintensive und extrem kurze Laserpuls [1] nur eine einzige
hochenergetische Rekombination. Das Spektrum des dabei emittierten
Lichtpulses liegt zwar im Bereich des weichen Röntgenlichts, ist aber,
was seine spektrale Vielfalt betrifft, äquivalent zum gesamten
sichtbaren Spektrum. Daher kann der erzeugte Puls als "weißes"
Röntgenlicht betrachtet werden. Der hyperkurze Laserpuls wird auf einen
Gasjet geschickt und setzt dort den Vorgang der Freisetzung und
Rekombination von Elektronen bei einer großen Zahl von Atomen im
Gleichtakt in Gang. Die einzelnen Atome senden dann alle zur gleichen
Zeit und auf gleiche Weise einen ultrakurzen Röntgen-Blitz aus, und
erzeugen so kollektiv einen leistungsstarken Röntgenpuls in Form eines
stark gebündelten, laserartigen Strahls.
Durch die Filterung des
zentralen Bereichs vom erzeugten "weißen" Röntgenspektrum konnte das
Team einen Röntgenpuls mit einer Dauer von 170 Attosekunden erzeugen
[2]. Dieses Ergebnis lässt vermuten, dass man bei Verwendung des
gesamten, doppelt so breiten Spektrums Röntgenpulse erzeugen kann, die
erheblich kürzer als 100 Attosekunden sind. Gegenwärtig wird an der
Entwicklung von Spiegeln gearbeitet, die Röntgenstrahlen aus diesem
Frequenzbereich reflektieren und fokussieren können. Mit solchen
Spiegeln lässt sich wahrscheinlich die erste Lichtquelle der Welt
verwirklichen, die leistungsstarke laserartige Röntgen-Blitze mit einer
Dauer von weniger als hundert Attosekunden erzeugt -- die erste Quelle
für die Produktion von sub-100-Attosekunden-Licht.
Solche Röntgenpulse werden es den Forschern erstmals erlauben, von der Bewegung der Elektronen in Molekülen gewissermaßen "Standbild"-Schnappschüsse zu machen. Dies wird es ermöglichen, Prozesse zu beobachten, die den Informationstransfer auf molekularer Ebene steuern, sowie auch Strukturveränderungen von Biomolekülen. Diese Schnappschüsse werden auch aufzeigen, wo die ultimativen Grenzen für die Geschwindigkeit und die Struktur in elektronischen Bauelementen liegen. Sie werden ferner die Mechanismen des biologischen Informationstransfers und die mikroskopischen Ursprünge der Funktionen und Fehlfunktionen biologischer Makromoleküle offenbaren.
Quelle: Pressemitteilung Max-Planck-Institut für Quantenoptik