Je mehr Gestik mit 14 Monaten, desto mehr Wörter im Kindergarten
Archivmeldung vom 20.02.2009
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Freigeschaltet durch Oliver RandakKleinkinder, die mehr Gesten benutzen als ihre Altersgenossen, kennen beim Eintritt in den Kindergarten auch mehr Wörter
Nicht nur der Wortschatz von Kleinkindern lässt Prognosen auf den späteren Schulerfolg zu. Schon in der Gestik im Kleinstkindalter von etwa 14 Monaten ist angelegt, wie weit ein Kind sprachlich entwickelt sein wird, wenn es in den Kindergarten und die Vorschule kommt. Und schon in der Reichhaltigkeit oder Dürftigkeit der Gestik von 14 Monate alten Kindern mache sich der sozialökonomische Status der Eltern bemerkbar, zeigt jetzt ein amerikanisches Forscherinnenteam im Wissenschaftsmagazin "Science".
"Wortschatz ist ein Schlüsselfaktor beim Schulerfolg und ist der Hauptgrund, warum Kinder aus einkommensschwachen Familien ein größeres Risiko tragen als privilegierte Kinder, in der Schule zu scheitern", erklärt Susan Goldin-Meadow von der University of Chicago. Jetzt haben die Psychologin und ihre Kollegin Meredith Rowe erstmals die Verbindung von Wortschatz, Gestik und sozioökonomischem Status untersucht.
Fünfzig Familien aus der Region Chicago hatte das Team ausgesucht, um ihre Kinder im Alter von 14 Monaten per Video zu beobachten. Die Familien gehörten ganz unterschiedlichen gesellschaftlichen Schichten an.
Die Ergebnisse der jeweils 90-minütigen Beobachtungssitzungen waren verblüffend: Die Kleinstkinder aus Familien mit hoher Formalbildung benutzten Gesten mit durchschnittlich 24 verschiedenen Bedeutungen. Kinder aus bildungsfernen und einkommensschwachen Familien hatten nur Gesten für 13 verschiedene Bedeutungen. Als die Forscherinnen die Kinder später im Kindergarten beobachteten, zeigte sich, dass jene, die mit 14 Monaten intensiv gestikuliert hatten, im Durchschnitt einen passiven Wortschatz von durchschnittlich 117 Wörtern besaßen. Kinder, die früher wenig gestikuliert hatten, verstanden im Kindergartenalter hingegen nur 93 Wörter.
"Es ist frappierend, dass im Anfangsstadium des Spracherwerbs, wenn sozioökonomische Unterschiede noch keine Rolle spielen, sich doch schon sozioökonomische Unterschiede in der Gestik bemerkbar machen", erklärt Meredith Rowe von der University of Chicago. Die Forscherinnen ermutigen Eltern, auf die Gesten ihrer Kinder einzugehen, sie auch zu nutzen und für das Gezeigte das Wort zu nennen. Für das Kind wird sich dies positiv auf seine sprachliche Entwicklung und - damit verbunden - auf seinen Schulerfolg auswirken.