Wissenschaftler beobachten erstmals den YORP-Effekt
Archivmeldung vom 10.03.2007
Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 10.03.2007 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.
Freigeschaltet durch Thorsten SchmittEin internationales Wissenschaftlerteam hat erstmals einen Asteroiden beobachtet, der seine Rotationsgeschwindigkeit ändert. Die Astronomen aus den USA und Europa - darunter auch Hermann Boehnhardt vom Max-Planck-Institut für Sonnensystemforschung - benutzten leistungsfähige optische und Radar-Teleskope, um den erdnahen Asteroiden 2000 PH5 zu vermessen.
Sie fanden dabei heraus, dass der Asteroid jedes Jahr um eine Millisekunde schneller rotiert. Ein solches Phänomen - der Yarkovsky-O’Keefe-Radzievskii-Paddack, kurz YORP-Effekt - war schon seit längerem theoretisch vorhergesagt, bisher aber noch nie beobachtet worden. Der YORP-Effekt tritt auf, weil die Sonne die Oberfläche des Asteroiden aufheizt. Wenn die Wärme als Strahlung wieder abgegeben wird, entsteht ein kleines Drehmoment. Dadurch kann sich die räumliche Lage der Rotationsachse verändern, aber auch die Rotationsgeschwindigkeit verlangsamen oder beschleunigen - letzteres ist beim Asteroiden 2000 PH5 der Fall. Irgendwann könnte er sogar zum am schnellsten rotierenden Asteroiden unseres Sonnensystems werden. (Science Express, 8. März 2007).
Europäischen und amerikanischen Wissenschaftlern ist es gelungen,
den YORP-Effekt erstmals direkt zu beobachten. Dieser
Yarkovsky-O’Keefe-Radzievskii-Paddack (YORP) - Effekt bestimmt die Art und Weise
wie kleine Körper im Sonnensystem, etwa Meteoriten oder Asteroiden, rotieren.
Der Effekt beruht auf dem Sonnenlicht, das die Oberfläche von Asteroiden und
Meteoriten trifft und deren Oberfläche erwärmt. Wenn diese die Wärme wieder
abstrahlen führt das zu einem leichten Rückstoßeffekt, der Körper erhält ein
Drehmoment und ändert seine Rotationsbewegung. Im Prinzip funktioniert so etwas
auch auf der Erde: Wenn man lange genug Licht auf ein Windrad strahlen ließe,
würde dieses irgendwann anfangen sich zu drehen.
Obwohl der
YORP-Effekt eine sehr schwache und kaum zu messende Kraft ist, könnte er die
Ursache sein, dass manche Asteroiden so schnell rotieren, dass sie auseinander
brechen. Andere Asteroiden können durch den Effekt sogar abgebremst werden, so
dass es mehrere Tage dauert bis sie sich ein einziges Mal um ihre Achse gedreht
haben. Der YORP-Effekt spielt auch eine wichtige Rolle, bei der Beschreibung der
Umlaufbahn von Asteroiden. Trotz dieser wichtigen Bedeutung bis jetzt noch nie
aktiv beobachtet werden, wie der YORP-Effekt tatsächlich auf einen bestimmten
Asteroiden im Sonnensystem wirkt.
Dies gelang nun dem
Wissenschaftlerteam, indem es mehrere leistungsfähige optische und
Radar-Teleskope kombinierte. Denn kurz nach der Entdeckung des Asteroiden 2000
PH5 im Jahr 2000 wurde den Forschern klar, dass er ein idealer Kandidat für
einen Asteroiden mit YORP-Effekt wäre. Mit seinem Durchmesser von nur 114 Metern
war er ziemlich schmal und deshalb anfällig für den Effekt. Außerdem rotierte er
ziemlich schnell - eine Umdrehung des Asteroiden dauert nur 12 Minuten - der
YORP-Effekt musste also bereits seit einer ganzen Weile gewirkt haben. Das Team
begann daraufhin mit einer Langzeitbeobachtungen des Asteroiden, um eine
Änderung der Rotationsgeschwindigkeit feststellen zu können.
Über einen
Zeitraum von vier Jahren, nahmen die Forscher Bilder des Asteroiden auf. Sie
benutzten dafür ein breites Spektrum an optischen Teleskopen, darunter das
8.2-Meter Very Large Telescope Array und das 3,5-Meter New Technology
Telescope der Europäischen Südsternwarte in Chile, das 3,5-Meter Teleskop im
spanischen Calar Alto und einige weitere in Tschechien, den Kanaren, Hawaii,
Spanien und Chile. Besonders interessierten sie die leichten
Helligkeitsunterschiede, die durch die Rotation des Asteroiden
entstehen.
Gleichzeitig kümmerte sich die Radar-Gruppe am Arecibo
Observatorium in Puerto Rico und am kalifornischen Goldstone Observatorium um
den Asteroiden. Sie schickte Radarpulse zu 2000 PH5 und analysierten die Echos.
Mit dieser Technik konnten die Astronomen ein dreidimensionales Bild des
Asteroiden konstruieren und schließlich einen YORP-Effekt-Wert berechnen, den
sie mit den Daten aus den Messungen der optischen Teleskope
verglichen.
Die sorgfältige Analyse der Daten brachte die Gewissheit: Die
Rotationsgeschwindigkeit des Asteroiden nahm zu, und zwar in einem Ausmaß, der
durch den YORP-Effekt erklärt werden kann. Schon nach einem Jahr drehte sich der
Asteroid eine Millisekunde schneller.
Um vorherzusagen, wie sich der Asteroid weiter verhalten wird, führten die Wissenschaftler Computersimulationen durch. Wenn 2000 PH5 seine Umlaufbahn um die Sonne beibehält, könnte er eines Tages seine Rotationsgeschwindigkeit auf 20 Sekunden verringern, und sich somit schneller drehen als jeder andere bekannte Himmelskörper. Bis es so weit ist, muss allerdings noch etwas Zeit vergehen - und zwar 35 Millionen Jahre.
Quelle: Pressemitteilung Max-Planck-Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften e.V.