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Sich selbst reparierende Membranen

Archivmeldung vom 01.10.2011

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 01.10.2011 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt
Die Membrane aus Polyvinylchlorid-Polyester (gelblich) wurde mit einer Nadel von 2,5 Millimeter Durchmesser durchstochen, worauf sich der Polyurethan-Schaum (braun) schlagartig ausdehnte. Bild: Empa
Die Membrane aus Polyvinylchlorid-Polyester (gelblich) wurde mit einer Nadel von 2,5 Millimeter Durchmesser durchstochen, worauf sich der Polyurethan-Schaum (braun) schlagartig ausdehnte. Bild: Empa

Lianen, deren Festigungsring aus verholzten Zellen nach einer Verletzung von selber heilt, dienen Bionik-Experten als Vorbild für selbstreparierende Membranen wie sie etwa in Schlauchbooten zum Einsatz kommen könnten. Empa-Forscher haben sich einen «Trick» der Natur zu eigen gemacht und eine geschlossenzellige Polymerschaumbeschichtung entwickelt, die nicht nur den Druckverlust nach einer Beschädigung der Membran vermindert, sondern auch aufblasbare Strukturen widerstandsfähiger und langlebiger macht. In der aktuellen Ausgabe des «Journal of Bionic Engineering» berichten sie darüber.

Verhängnisvoll ist ein Loch im Schlauchboot nur, wenn die Luft derart schnell entweicht, dass das rettende Land nicht mehr erreicht wird. Weniger dramatisch, doch gleichwohl unangenehm ist es, auf einer löchrigen Luftmatratze die Nacht zu verbringen. Doch selbst darauf liesse sich noch ungestört schlafen, wenn die Luft nur langsam genug ausströmte. Selbstreparierende Schichten aus porösem Material sollen in Zukunft dafür sorgen, dass Membranen von aufblasbaren Objekten nicht nur wasser-und luftdicht sind, sondern kleine Löcher sich auch selber stopfen können. Zumindest vorübergehend.

Die Idee hierfür stammt aus der Natur. In ihr entdecken Bionik-Fachleute immer wieder verblüffende Konstruktionsprinzipien, aus denen Ingenieure dann zahlreiche technische Lösungen ableiten. So auch zur Selbstreparatur von Materialien: Der Selbstheilungsprozess der Pfeifenwinde (Aristolochia macrophylla), eine Liane in den Bergwäldern Nordamerikas, lieferte den Biologinnen der Universität Freiburg im Breisgau den entscheidenden Hinweis. Werden die verholzten Zellen des Festigungsgewebes, die den Pflanzen ihre Biegefestigkeit verleihen, verletzt, verarztet sich die Pflanze durch «erste Hilfe». Parenchym-Zellen des darunter liegenden Grundgewebes dehnen sich rasch aus und verschliessen die Wunde von innen. Erst in einer späteren Phase setzt die eigentliche Heilung ein, das ursprüngliche Gewebe wächst nach.

«Selbstheilende» aufblasbare Strukturen

Dieses Prinzip soll nun in einem vom deutschen Bundesministerium für Bildung und Forschung geförderten Bionik-Projekt auf Werkstoffe – genauer auf Membranen – übertragen werden. Sobald eine Membran verletzt wird, soll eine zusätzliche Schicht dank ihrer mechanischen Vorspannung – ähnlich dem Vorbild aus der Natur – «erste Hilfe» leisten und Löcher bis zur «richtigen» Reparatur verschliessen.

Während sich Forschende der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg unter der Leitung von Olga Speck mit den biologischen und chemischen Aspekten des Vorbilds Liane beschäftigen, arbeiten Rolf Luchsinger und Markus Rampf, Forscher am «Center for Synergetic Structures» der Empa, an der technischen Lösung für Polymer-Membranen. Luchsingers Hintergrund sind allerdings weder Schlauchboote noch Luftmatratzen, sondern tragende pneumatische Strukturen für den Leichtbau. Die so genannten Tensairity-Balken dienen als Elemente für schnell aufgebaute, leichte Brücken und Dächer. Ziel der Untersuchungen ist es zu verstehen, unter welchen Bedingungen sich ein Loch schliesst, wenn der Schaum auf der Membran sich nach einer Verletzung ausdehnt. Im Rahmen seiner Dissertation untersucht Rampf diesen Prozess mit Hilfe einer Versuchsanlage, die eine Membran pneumatisch unter Druck setzen und anschliessend mit einer Nadel punktieren kann.

«Löchrige» Luftmatratze hält

Einen ersten Zwischenerfolg haben die Empa-Forscher bereits erzielt; ein Zweikomponentenschaum aus Polyurethan und Polyester dehnt sich unter Überdruck, wie er im Loch durch die austretende Luft herrscht, schlagartig aus. «Im Labor funktioniert‘s», sagt Rolf Luchsinger, «wir erreichen hohe Reparaturfaktoren.» Was bedeutet: Wenn es bislang nötig war, eine Luftmatratze mit einem Volumen von 200 Litern alle fünf Minuten aufzupumpen, hält sie jetzt acht Stunden; der Druckabfall von 200 auf 50 Millibar zieht sich so lange hin, dass genug Zeit bleibt, um eine Nacht durchzuschlafen. «Wir wissen nun genug über den Schaum, um mit Herstellern von Membranen Gespräche über eine Umsetzung für den Markt zu führen», so Luchsinger über die nächsten Schritte.

Quelle: Empa - Eidgenössische Materialprüfungs- und Forschungsanstalt

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