Aktive Vulkane auf dem Mars?
Archivmeldung vom 09.03.2005
Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 09.03.2005 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.
Freigeschaltet durch Michael DahlkeAuf dem Mars könnten Vulkane noch in jüngster Zeit Asche und Wasser ausgespien haben.
Dies jedenfalls lassen die neuesten Bilder erkennen, welche die Sonde „Mars Express“ der europäischen Raumfahrtagentur Esa zur Erde sandte. Womöglich, meinen die mit der Bildauswertung befassten Forscher, sind die Feuerberge sogar noch heute aktiv.
Mars Express hatte in den vergangenen Wochen die Nordpolarregion des
Roten Planeten unter die Lupe genommen. Dabei fanden sich zuerst sieben
Vulkankegel. Vier von ihnen ragen bis zu 600 Meter hoch auf und haben
Basisdurchmesser von mehreren Kilometern. Die restlichen drei aber sind
gerade 100 Meter hoch, sie könnten noch wachsende „Baby Vulkane“ sein,
die vielleicht sogar nach wie vor aktiv sind. „Es wäre ein großer
Zufall, wenn sie aufgehört hätten zu wachsen, und wir sehen sie jetzt
in diesem quasi eingefrorenen Zustand", sagt der Planetologe Gerhard
Neukum von der Freien Universität Berlin, der mit seinem Team die
hochauflösende Stereokamera an Bord des Mars Express entwickelte.
Bis zu zwei Kilometer hoch
Ähnlich
wie die Vulkane von Hawaii wachsen die marsianischen Feuerberge, indem
sich die bei Eruptionen ausgeschleuderte Asche auf die Kegel türmt.
Überrascht zeigten sich die Esa-Forscher insbesondere durch das
geologisch sehr geringe Alter der Feuerberge. Dies lässt sich an der
geringen Zahl der Einschlagskrater im Vulkangebiet erkennen: Je älter
eine geologische Formation ist, desto mehr Meteoriten können darauf
einstürzen.
Die Vorstellung von noch aktiven Mars-Vulkanen
wird durch die neuen Mars Express-Photos bekräftigt. Sie lassen
geschwungene Klippen erkennen, die bis zu zwei Kilometer hoch über ihre
Umgebung aufragen. Die Senken davor sind von einer dunklen Schicht
bedeckt. Diese, glaubt Neukum, könnte aus Vulkanasche bestehen, die mit
Eis vermischt ist. Das zementähnliche Material könnte im Lauf der Zeit
in feine, sandähnliche Partikel verwittert sein, die jetzt die am Fuss
der Klippen sichbaren Dünenfelder bilden.
Gefrorener See in Nordsee-Größe
Aufgrund
dieser Beobachtung entwickelte Planetenforscher Neukum eine alternative
Theorie zur Entstehung der neuentdeckten Vulkankegel: Sie könnten durch
Mineralien wachsen, die in heißem Wasser gelöst sind. Aufgeheizt wird
es durch geothermische Prozesse. Durch den dabei erzeugten Druck wird
es bis an die Spitze der Kegel gepresst. Sobald es dort austritt,
fallen die Mineralien aus der Lösung aus.
Packeis-Schollen
Schon
zuvor hatten „Mars Express“-Aufnahme die Fachwelt in Aufregung
versetzt. Britische Geologen entdeckten darauf einen gefrorenen See von
der Größe der Nordsee. Das Gewässer mit einer Ausdehnung von etwa 800
mal 900 Kilometer und schätzungsweise 45 Meter Tiefe liegt in der
Elysium-Ebene in der nördlichen Hemisphäre des Roten Planeten. Auf
seiner Oberfläche sind große Packeis-Schollen zu sehen. „Sie schwammen
auf dem See, bis dessen Oberfläche gefror und sie im Eis festsaßen“,
erklärt Ernst Hauber vom Deutschen Zentrum für Luft und Raumfahrt, der
an der Bildauswertung beteiligt ist.
Stärkstes Indiz für einen
gefrorenen Wasserkörper im Untergrund ist die intakte und sehr flache
Oberfläche des Gebiets. Würde es dort kein Eis geben, müsste sie
stärker durch Erosion verändert worden sein. Vermutlich verhinderte
eine Schutzschicht aus vulkanischer Asche, dass es verdunstete. Der See
dürfte sich vor etwa fünf Millionen Jahren gebildet haben.
Von Michael Odenwald