Lichtschalter im Gehirn
Archivmeldung vom 19.01.2013
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittNervenzellen gezielt ein- und ausschalten: Diese Fähigkeit wünschen sich viele Neurowissenschaftlerinnen und Neurowissenschaftler, um besser zu verstehen, wie das Gehirn funktioniert. Forscherinnen und Forscher aus Freiburg und Basel/Schweiz haben nun ein Implantat entwickelt, das erstmals punktgenau Nervenzellen im Gehirn genetisch verändern, mit Lichtreizen steuern und gleichzeitig die Aktivität der Zellen messen kann. Das 3-in-1-Gerät soll völlig neue Studien ermöglichen – auch im Rahmen des Freiburger Exzellenzclusters BrainLinks-BrainTools.
Birthe Rubehn und ihre Kollegen vom Institut für Mikrosystemtechnik (IMTEK) und dem Bernstein Center der Universität Freiburg sowie dem Friedrich Miescher Institute for Biomedical Research in Basel beschreiben den Prototypen ihres Mikroimplantats in der Fachzeitschrift „Lab on a Chip“. Sie berichten, dass erste Experimente, bei denen sie den Prototyp Mäusen eingesetzt haben, erfolgreich verlaufen sind: Das Forschungsteam konnte mit dem Gerät durch Lichtimpulse Nervenzellen im Gehirn gezielt in ihrer Aktivität beeinflussen.
Dass die Forscher Nervenzellen mithilfe von Licht verschiedener Farbe in ihrer Aktivität hemmen und erregen können, ist einer neuartigen gentechnischen Methode zu verdanken. In der so genannten Optogenetik werden Gene aus bestimmten Algen in die Erbinformation eines anderen Lebewesens, beispielsweise einer Maus, eingeschleust. Die Gene erzeugen lichtgesteuerte Poren für geladene Teilchen in der Zellmembran. Diese zusätzlichen Durchlässe erlauben es, die elektrische Aktivität der Zellen zu steuern. Doch erst das neue Implantat aus Freiburg und Basel macht dieses Prinzip für Neurowissenschaftler anwendbar. Sie haben das Gerät, weniger als ein Viertelmillimeter breit und etwa ein Zehntelmillimeter hoch, auf Polymerbasis entwickelt – aus speziellen Kunststoffen, deren Verträglichkeit für den Kontakt mit dem Gehirn belegt ist. Und im Gegensatz zu bisher entwickelten Sonden kann es am selben Ort für die genetische Veränderung nötige Substanzen einspritzen, Licht zur Steuerung der Zellen abgeben und den Effekt an mehreren elektrischen Kontakten messen. Neben der Serienfertigung strebt das Team nun eine zweite Version an, bei der sich der Flüssigkeitskanal für die gentechnischen Substanzen später auflöst und das Implantat dadurch noch kleiner wird.
Quelle: Albert-Ludwigs-Universität Freiburg im Breisgau (idw)