Einzigartiger Handschrift aus dem Mittelalter neues Leben eingehaucht
Archivmeldung vom 12.01.2006
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittIn den Klimakammern der europäischen Nationalmuseen lagern hunderte mittelalterliche Handschriften unschätzbaren Wertes. Unter günstigsten Gegebenheiten und Aufbewahrungsbedingungen werden sie dort vor dem weiteren Zerfall bewahrt. Eine dieser Handschriften ist das "Evangeliar des Johann von Troppau".
Das im Jahre 1368 vollendete Werk gilt als der älteste, nachweislich in habsburgischem Besitz befindliche Codex der Österreichischen Nationalbibliothek.
Hinsichtlich des Umfangs, der Sorgfalt und der aufwändigen
künstlerischen Ausstattung sowie der Qualität und der Originalität
von Miniaturen und Dekoration einschließlich der ganz in Gold
gehaltenen Schrift ist das Evangeliar des Johann von Troppau
zweifelsohne eines der Hauptwerke der böhmischen Buchmalerei der
zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts. Der Codex, der in Wien unter der
Signatur Cod. 1182 aufbewahrt wird, zählt daher zu den bedeutendsten
Handschriften, die sich aus der Zeit des Kaisers Karl IV. erhalten
haben.
Obwohl der damalige Auftraggeber in der Handschrift weder explizit
genannt noch dargestellt wird, lässt sich aufgrund mehrfach
abgebildeter Wappen mit Bestimmtheit sagen, dass das Evangeliar im
Auftrag von Herzog Albrecht III. von Österreich (1349/50 - 1395)
angefertigt wurde. Das Werk Johann von Troppaus, seinerzeit Priester
und Kanonikus in Brünn sowie Pfarrer in Landskron, ist nicht nur eine
Handschrift von überragender kunsthistorischer Bedeutung, auch ihr
geschichtlicher Wert ist herausragend. Diese einzigartige Stellung
der Handschrift hat die Österreichische Nationalbibliothek dazu
veranlasst, den Codex nicht mehr an Museen bzw. Ausstellungen zu
verleihen. Um die Handschrift aber dennoch einem Kreis von
Buchliebhabern und Interessierten zugänglich zu machen und ihr somit
- im übertragenen Sinne - neues Leben einzuhauchen, willigte die
Österreichische Nationalbibliothek in eines der aufwändigsten und
teuersten Faksimilierungsprojekte aller Zeiten ein, initiiert von der
inmediaONE] GmbH, einem Tochterunternehmen der arvato Bertelsmann
AG.
Nahezu zwei Jahre war der von inmediaONE] beauftragte Wissen Media
Verlag damit beschäftigt, in Zusammenarbeit mit verschiedensten
Spezialisten die Faksimilierung des Originals durchzuführen. In
aufwändigster Arbeit wurden die 384 Seiten des Originals komplett
faksimiliert. Im Innenteil stellten insbesondere die Zierseiten
höchste Anforderungen an die Repro- und Drucktechnik. Diese Seiten
sind mit 23-karätigem Echtgold wiedergegeben, während die
"Normalschrift" in Goldfarbe gehalten ist. Die Echtgoldflächen wurden
mit den feinsten Punzierungen wie im Original versehen und patiniert.
Besonderer Wert wurde auf die Nachbildung des Prunkdeckels auf
Vorder- und Rückseite gelegt. Allein diesen Deckel nachzumodellieren
dauerte über ein Jahr. Modernste Fertigungs- und
Galvanisierungsmethoden haben es ermöglicht, eine optisch perfekte
Kopie des Prunkdeckels zu fertigen. Dazu wurde in mehreren
Oberflächenveredelungsschritten ein Kupferkorpus zunächst vernickelt,
dann versilbert, mit einer Goldschicht überzogen, gebürstet und
anschließend mit einem Lack patiniert. Das Resultat ist eine
täuschend echte Nachahmung der vielfältig durchbrochenen, mit Ajuren
versehenen Gold- und Silberarbeit. Mit diesem Duplikat ist eines der
schwierigsten Probleme der Faksimilierungstechnik, die Imitation
filigraner Goldschmiedearbeit, gelöst worden.
Über die außergewöhnliche Qualität des Faksimiles freuen sich aber
nicht nur die Käufer dieser kunsthistorischen Nachbildung. Auch die
Kuratoren des Prager Nationalmuseums zeigten sich Ende November
begeistert, als die Geschäftsführer der inmediaONE] und des Wissen
Media Verlags ihnen ein Faksimile der auf 333 Exemplare limitierten
Edition überreichten. Prof. Dr. phil. Ivan Hlavácek, Professor für
historische Hilfswissenschaften und Archivistik an der
philosophischen Fakultät der Karlsuniversität in Prag, der als
anerkannter Wissenschaftler auf dem Gebiet der mittelalterlichen
Handschriften Weltruf genießt, fällte bei seiner Gastrede ebenfalls
ein überaus positives Urteil: "Wir verneigen uns heute vor dem
Evangeliar des Johann von Troppau, jedoch nicht vor seinem Original,
sondern vor seinem Faksimile, das nicht einmal der Fachmann auf den
ersten Blick vom Original unterscheiden kann."
Quelle: Pressemitteilung inmediaONE]