Im Erdreich auf Empfang
Archivmeldung vom 31.05.2014
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Freigeschaltet durch Manuel SchmidtDer Boden unter unseren Füßen steckt voller Leben: In einem einzigen Kubikzentimeter Erde tummeln sich allein etwa eine Milliarde Mikroorganismen. Hinzu kommen Bodenbewohner wie Würmer, Käfer, Schnecken, Asseln oder Larven und natürlich Pflanzen, die mit ihren Wurzeln das Erdreich durchziehen.
„All diese Organismen kommunizieren untereinander und in vielfältiger Weise auch miteinander“, sagt Prof. Dr. Nicole van Dam von der Friedrich-Schiller-Universität Jena. „Auch wenn dieser Informationsaustausch für unsere Ohren weitgehend geräuschlos abläuft, ist da so viel los, wie in New York mitten in der Rushhour“, veranschaulicht die Inhaberin des Lehrstuhls für Molekulare Interaktionsökologie.
Dieses „Stimmengewirr“ aufzufangen und die zugrundeliegenden chemischen Prozesse zu entschlüsseln, das hat sich Prof. van Dam zur Aufgabe gemacht. Die 48-jährige Niederländerin wechselte dafür vor kurzem von der Universität Nijmegen an die Jenaer Universität. „Eine Rückkehr“, wie sie es selbst nennt. Denn: Bereits von 1997 bis zum Jahr 2000 hat die Biologin in Jena geforscht. Damals kam sie als Postdoktorandin an das damals gerade erst gegründete Max-Planck-Institut für chemische Ökologie (MPICE) und hat die chemischen Abwehrstrategien von Pflanzen gegen Insektenfraß untersucht. Aus dieser ersten Jenaer Zeit habe sie nicht nur wichtige wissenschaftliche Erfahrungen mitgenommen, sagt Prof. van Dam. „Ich finde es bis heute auch sehr reizvoll, etwas Neues mit aufzubauen.“
Eine gute Portion Pioniergeist ist es auch jetzt wieder, die die Niederländerin nach Mitteldeutschland zurückkehren ließ: Ihr Uni-Lehrstuhl ist im neuen Deutschen Zentrum für integrative Biodiversitätsforschung (iDiv) angesiedelt, das von den Unis in Leipzig, Halle und Jena mit ihren Partnereinrichtungen gemeinsam getragen wird und seinen Sitz in Leipzig hat. „Das iDiv ist eine einmalige Chance“, ist van Dam überzeugt. Nirgendwo sonst würden sich ihr bessere wissenschaftliche Möglichkeiten bieten. „Die interdisziplinäre Ausrichtung und das wissenschaftliche Umfeld sind ideal“, unterstreicht die Wissenschaftlerin. Das momentan noch nicht alle neuen Labors eingerichtet sind und häufiger einmal improvisiert werden muss, sei für sie besonders motivierend und ein Zeichen von kreativer Aufbruchstimmung.
Im Fokus ihrer „Lauschaktionen“ im Boden steht der Austausch zwischen Pflanzen und ihren Fressfeinden. „Es gibt zahlreiche chemische Selbstverteidigungsstrategien von Pflanzen“, erläutert die Forscherin. Doch während die meisten ihrer Fachkollegen vor allem das oberirdische Zusammenspiel unterschiedlicher Organismen unter die Lupe nehmen, interessiert sich van Dam auch für das, was im Dunkeln unter der Erdoberfläche passiert. „Wenn eine Larve an der Wurzel einer Pflanze frisst, hat das auch Auswirkungen auf den oberirdischen Teil der Pflanze, genauso wie sich Insektenfraß an den Blättern auf die Pflanzenwurzel auswirken kann.“ Nur wenn man sich ein ganzheitliches Bild der Interaktionen zwischen Pflanze und Tier mache, lassen sich die komplexen ökologischen Zusammenhänge verstehen und aufklären, wie die vielfältigen chemischen Abwehrmechanismen der Pflanzen im Laufe der Evolution entstanden sind.
Quelle: Friedrich-Schiller-Universität Jena (idw)