Universität Tübingen setzt Ausgrabungen in Troia fort
Archivmeldung vom 14.07.2006
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittEin Team der Universität Tübingen wird im Juli und August dieses Jahres die Ausgrabungen in Troia fortsetzen. Die Projektleitung hat Prof. Dr. Ernst Pernicka übernommen, der die Arbeiten zusammen mit Dr. Peter Jablonka und einer internationalen Forschergruppe durchführen wird. Alle Beteiligten arbeiteten seit vielen Jahren eng mit dem im Vorjahr verstorbenen Grabungsleiter Prof. Dr. Manfred O. Korfmann zusammen.
Die türkische Antikendirektion hat nun eine Grabungsgenehmigung erteilt. Die
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) wird die wissenschaftlichen Arbeiten auch
in den nächsten Jahren fördern. Ziel der Grabungen ist die Klärung offener
Fragen zur bronzezeitlichen Stadtbefestigung sowie untergeordnet die Überprüfung
von neuen Hinweisen auf die Anwesenheit von bronzezeitlichen Gräbern. An der
Nordostbastion der Burg wurde in den vergangenen Jahren ein Bauwerk aus Stein
und Lehmziegeln teilweise ausgegraben, das als Ansatz einer Stadtmauer mit Tor
gedeutet werden kann. Auch das soll durch eine vollständige Ausgrabung dieser
Strukturen geklärt werden.
Der Hauptakzent der wissenschaftlichen Arbeiten
wird aber auf der Auswertung und Publikation der Ergebnisse der langjährigen
Grabungen sowie der dauerhaften Archivierung der Dokumentation liegen. Hier wird
weiter mit einer Forschergruppe in den USA unter der Leitung von Prof. Dr.
Charles Brian Rose (University of Pennsylvania, Philadelphia, und University of
Cincinnati) zusammengearbeitet werden, die schon bisher für das griechische,
römische und byzantinische Troia zuständig war. Prof. Dr. ?lhan Kayan und seine
Mitarbeiter werden ihre Forschungen zur Veränderung der Landschaft und Umwelt
fortsetzen. Darüber hinaus sind Laboruntersuchungen des umfangreichen
Fundmaterials an der Universität Tübingen und im Curt-Engelhorn-Zentrum
Archäometrie in Mannheim geplant.
Die Erhaltung und Restaurierung der Ruine
und ihre Erschließung für mehrere hunderttausend Besucher im Jahr mit
Besucherwegen und Informationstafeln wurde schon bisher von der Troia-Grabung
neben der wissenschaftlichen Arbeit übernommen. Zwei wichtige Projekte, für die
sich das Troia-Projekt der Universität Tübingen und die beiden TroiaStiftungen
in Tübingen und Çanakkale stark engagieren werden, sind die Erstellung und
Umsetzung von Plänen für die Erhaltung, Restaurierung und Präsentation der
Fundstelle sowie der Bau eines Museums vor den Toren Troias. In Zusammenarbeit
mit der University of Cincinnati (School of Architecture) wird ein detailliertes
Konzept für die Betreuung und Nutzung der Fundstelle erstellt werden.
Troia
wurde 1998 von der UNESCO in die Liste des Weltkulturerbes aufgenommen. Bereits
1996 wurde die umgebende Landschaft zum Historischen Nationalpark erklärt. Das
Troia-Projekt fühlt sich nach wie vor auch für die Entwicklung und den Schutz
der Landschaft in der Umgebung Troias - auch über die Grenzen des historischen
Nationalparks Troas hinaus - verantwortlich. Deshalb wird derzeit eine
historisch-geographische Karte erstellt, die detail-lierte Angaben zur
touristischen Infrastruktur, zu Kulturdenkmälern und schützenswerter Natur
enthält.
Es wird nun immer wahrscheinlicher, dass in naher Zukunft auch der
seit langem beabsichtigte Bau eines Museums vor den Toren Troias verwirklicht
wird. Die Firma Kalebodur A. ?., ein in der Region Çanakkale beheimatetes
Unternehmen in Familienbesitz, will dieses Projekt zusammen mit dem türkischen
Kulturministerium und den beiden TroiaStiftungen als "Public Private
Partnership" übernehmen. Zunächst soll ein internationaler Architektenwettbewerb
ausgeschrieben werden. Die TroiaStiftungen in Tübingen und Çanakkale und das
Troia-Projekt an der Universität Tübingen werden sowohl bei den Planungen für
die Betreuung der Fundstelle als auch bei der Planung und Einrichtung des
Museums eine wesentliche Rolle spielen und an beiden Projekten intensiv
mitarbeiten.
Die beiden TroiaStiftungen haben es in Erfüllung des
Vermächtnisses von Prof. Korfmann übernommen, dessen umfangreiche
Privatbibliothek zu katalogisieren und anschließend in Çanakkale der
Troia-Forschung zur Verfügung zu stellen. Die Stadt Çanakkale hat der
Troia-Stiftung in großzügiger Weise ein Haus zur Verfügung gestellt, das
zurzeit mit Unterstützung von Sponsoren renoviert wird.
Quelle: Pressemitteilung Informationsdienst Wissenschaft e.V.