Dem Ursaurier Beine machen
Archivmeldung vom 15.03.2013
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Freigeschaltet durch Manuel SchmidtVor gut 300 Millionen Jahren kroch ein etwa einen Meter langes Reptil im heutigen Thüringer Wald über lehmigen Boden. Der Ursaurier Orobates pabsti hinterließ deutliche Spuren, die allmählich versteinerten. Zusätzlich zu den schon länger bekannten Fährten, wurde im Jahre 1998 ein erstaunlich gut erhaltenes Skelett der Echse auf dem Bromacker bei Tambach-Dietharz gefunden.
Dr. John Nyakatura von der Universität Jena möchte den kleinen Ursaurier wieder zum Laufen bewegen. Ziel des Wissenschaftlers und seiner Kooperationspartner ist es, einen biomimetischen Roboter zu bauen, der sich genau wie Orobates pabsti fortbewegt. Nyakatura kann sein Forschungsvorhaben dank eines Post-Doc-Stipendiums der „Daimler und Benz Stiftung“ in Angriff nehmen. Er wurde als einer von zehn Stipendiaten ausgewählt. Insgesamt hatten sich über 200 Nachwuchswissenschaftler aus allen Wissenschaftsdisziplinen beworben. Die Stiftung fördert das Projekt für die Dauer von zwei Jahren mit insgesamt 40.000 Euro.
Der Ursaurier Orobates pabsti sei etwas Besonderes, sagt John Nyakatura. Steht er doch entwicklungsgeschichtlich genau an der Schwelle zu den Amnioten, den Nabeltieren. Das sind Wirbeltiere, die den Schritt von der im Jugendstadium aquatischen Lebensweise der Amphibien hin zur weitgehenden Unabhängigkeit von offenen Gewässern vollzogen haben. Möglich wurde das, weil sich die Entwicklung der Jungtiere in einem geschlossenen Ei vollzieht, womit die enge Verbindung zum Wasser nicht mehr nötig ist. Nyakatura geht davon aus, dass sich der Bewegungsapparat der Tiere bei der Eroberung des Landes veränderte. „Amphibien müssen Kompromisse eingehen, weil sie im Wasser und auf dem Land unterwegs sind. Dieses Dilemma fällt bei den Amnioten weg“, sagt Nyakatura.
Um das Geheimnis der Bewegungen von Orobates pabsti zu entschlüsseln, untersucht John Nyakatura mit seinen Kollegen zunächst rezente Arten. „In einem ersten Schritt erstellen wir ein Bewegungsprofil von heutigen Arten, die sich wie Orobates im Spreizgang fortbewegen“, sagt er. Erforscht werden deshalb die Laufstile von Krokodil, Grünem Leguan, Blauzungenskink und Tiger-Salamander. Die Fortbewegung lässt sich mit Hilfe einer der schnellsten Röntgenvideoanlagen der Welt studieren. Diese Anlage an der Friedrich-Schiller-Universität Jena zeigt das Skelett der Echsen während sie gehen. Außerdem lässt Nyakatura die Tiere über feuchte Tonplatten laufen. So können ihre Fußspuren mit denen Orobates' verglichen werden.
John Nyakatura kooperiert mit verschiedenen Partnern. Dr. Vivian Allen aus London hilft bereits seit 2011 bei der Entschlüsselung biomechanischer Bewegungsprinzipien der heute lebenden Tiere. Für den Bau des Roboters konnte der Jenaer Wissenschaftler Dr. Kostas Karakasiliotis gewinnen. Der Forscher von der Technischen Universität Lausanne entwickelte bereits den „Pleurobot“, der sich exakt wie ein Salamander fortbewegt. Mit den Daten aus Jena soll nun ein auf Pleurobot basierender neuer Roboter den Ursaurier Orobates pabsti wieder zum Laufen bewegen. Wenn das gelingt, wird der Roboter Spuren hinterlassen, die mit der Fährte des Ursauriers identisch sein werden. Der Roboter und die seltene Verbindung von Fährte und Skelettfossil werden erstmals erlauben, die angenommenen Fortbewegungsmuster eines vor Jahrmillionen verstorbenen Ursauriers experimentell zu testen.
Quelle: Friedrich-Schiller-Universität Jena (idw)