"Inception" - Gedanken implantieren funktioniert
Archivmeldung vom 16.08.2010
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittDie Handlung des Films "Inception" ist nicht so abgefahren, wie auf den ersten Blick scheinen mag. Die Idee der Gedankenmanipulation, die die Kinobesucher außer den Spezialeffekten und imaginären Landschaften in Bann zieht, ist in der Psychologie bekannt und untersucht. Ideen können tatsächlich in die Köpfe von Menschen eingepflanzt und in das Gedächtnis einer Person einverleibt werden.
Was im Film überspitzt dargestellt wird, kommt sogar im Alltag vor. "Oft glauben wir, Ereignisse hätten stattgefunden, ohne dass es eine historische Grundlage gibt", erklärt Johann Lehrner vom Berufsverband der österreichischen Psychologen http://www.boep.eu im pressetext-Interview.
Spionage im Unterbewußtsein
Im Film schaltet sich der Wirtschaftsspion Dominic Cobb - verkörpert
von Leonardo Di Caprio - in die Träume von Menschen ein. Er durchwühlt
sie nicht nur nach Informationen, sondern beeinflusst sie sogar. Als ein
Kunde mit der Vernichtung seiner Konkurrenz beauftragt, nutzt Cobb
diese Fähigkeit gezielt aus. Er implantiert seinem Opfer im Traum
Hoffnungen und Ängste und bringt es dazu, dessen Unternehmen zu
zerstören. Zuvor hatte Cobb die Technik nur bei seiner eigenen Frau
angewendet - die sich jedoch dadurch in einer ständigen Traumwelt
wähnte, depressiv wurde und Selbstmord beging.
Weißer Bär und Kaufhaus-Trauma
Psychologen fasziniert das "false memory" schon Jahrzehnte. Der Havard-Forscher Daniel Wegner zeigte, dass man Menschen bestimmte Gedanken denken lassen kann, indem man genau das Gegenteil verlangt. Etwa die Aufforderung, nicht an einen weißen Bären zu denken, malt das Bild des Tieres unweigerlich ins Gehirn. Ähnlich kann auch ein Filmdarsteller bei Inception kaum den Gedanken an einen Elefanten unterdrücken. Elizabeth Loftus von der University of California hat hingegen gezeigt, dass man Menschen jedes Alters die traumatische Erinnerung einpflanzen kann, sie seien als Kind in einem Einkaufszentrum verloren gegangen.
Selten, aber doch kommt es auch vor, dass Menschen nur glauben, in
der Kindheit missbraucht worden zu sein. "Unser Gehirn ändert sich
während des ganzen Lebens und fügt dabei immer neue Erinnerungen hinzu
oder nimmt bestehende weg. Für die neuen Inhalte werden teilweise neue
Bilder kreiert", erklärt Lehrner, der an der Medizinischen Universität
Wien http://www.meduniwien.ac.at
als Neuropsychologe tätig ist. Bei der Gehirnveränderung im Alter wird
dieser Effekt stärker - und auch die damit verbundenen Probleme.
"Besonders Demenzpatienten können oftmals nicht mehr zwischen Erinnerung
und Realität unterscheiden."
Gehirn unterscheidet nicht
Doch auch im Alltag begleitet uns die falsche Erinnerung, betont der Experte. Manchmal geben Lenker und Beifahrer nach einem Unfall an, das Reh sei von der jeweils anderen Straßenseite ins Auto gesprungen. Auch klingen Erinnerungen an einen gemeinsam verbrachten Urlaub bei zwei Familien im Nachhinein bisweilen ganz anders. Kompliziert wird es, wenn Zeugen einer Gerichtsverhandlung Darstellungen aus der Zeitung in ihr eigenes Gedächtnis einverleiben. "Es gibt keine Möglichkeit, falsche von echter Erinnerung zu trennen. Beide sind für Menschen so real wie die historische Erinnerung", so Lehrner.
Quelle: pressetext.austria Johannes Pernsteiner