Anleihen: Ende billiger Geldaufnahme befürchtet
Archivmeldung vom 26.03.2010
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittDa immer mehr Staaten, Banken und nicht zuletzt auch Unternehmen Investoren mit Anleihen zu relativ günstigen Konditionen überhäufen, befürchten Branchenkenner bereits das Ende der billigen Geldaufnahme.
"Zwar geraten Unternehmen aus
krisengeschüttelten Branchen massiv unter Refinanzierungsdruck und
bedienen sich am Kapitalmarkt, da sie von Banken kein Geld mehr
bekommen. Das größere Problem besteht aber bei den Staatsanleihen", so
Erwin Pollex von der Vermögensverwaltungsgesellschaft Incam im
pressetext-Gespräch.
Staatsanleihen in der Kritik
Die Befürchtungen des Branchenkenners sind nicht unbegründet. Schließlich stehen - wie an den Beispielen Griechenland, Portugal, Spanien und Großbritannien deutlich wird - ganze Volkswirtschaften auf dem Spiel. Die US-Ratingagentur Moody's geht davon aus, dass ein Verdrängungswettbewerb zwischen Staaten, Banken und Unternehmen auf dem Markt für Anleihen einsetzen wird. Hiervon nicht unbeeinflusst bleiben die Refinanzierungskosten. Die Kosten für Emittenten werden anziehen.
Die Sicht basiert auf dem starken
Wettbewerb und der Veränderung der Risikowahrnehmung. Die Zahlen belegen
den Trend zu Anleihen. Im Gesamtjahr 2009 nahmen europäische Firmen
Moody's nach 557 Mrd. Dollar (420 Mrd. Euro) auf. In den ersten drei
Monaten dieses Jahres setzte sich die Tendenz fort. Allein im März
verdauten die Investoren neue Papiere von Staaten und staatsnahen
Institutionen sowie Unternehmen und Finanzinstituten im Volumen von rund
200 Mrd. Euro. "Staatliche Refinanzierung endet schnell in
Inflationstreiberei", erklärt Pollex.
Kapitalbedarf 2010 weiter groß
Dass der Markt auch künftig von der Suche nach Renditen getrieben sein wird, hält Moody's für unwahrscheinlich. Derzeit würden Unternehmen noch von der Angst vor den Staatspleiten profitieren. Im Fall von Großbritannien sowie Spanien lägen die Risikoaufschläge der Staaten teilweise höher als diejenigen für Unternehmen. So dürften Investoren manche Länder derzeit riskanter einschätzen als Unternehmen. Erholt sich die Wirtschaft in den betroffenen Ländern aber, so schätzt Moody's, werden die Staaten ihren Sicherheitsvorteil wieder zurückgewinnen.
Europäische Unternehmen sind aufgrund immenser Refinanzierungsprobleme immer häufiger aber auf den Kapitalmarkt angewiesen. Wie die Financial Times Deutschland schreibt, haben diese einen Kapitalbedarf von 210 Mrd. Euro. Dieser Betrag könnte jedoch auch noch höher ausfallen. Schließlich sei es keine Seltenheit, dass Unternehmen langfristige Bankschulden durch Anleihen ersetzen. Zudem könnte es im zweiten Halbjahr zu mehr Aktivität durch Fusionen und Übernahmen kommen, was wiederum den Kapitalbedarf erhöhen würde.
Quelle: pressetext.deutschland (Florian Fügemann)