Metro-Chef Dr. Hans-Joachim Körber: „Die Ladenschlußzeiten in Deutschland sind überholt“
Archivmeldung vom 29.03.2006
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittDie Flexibilisierung des Arbeitsmarktes war eines der Themen des Gesprächs zwischen dem Vorstandsvorsitzenden der Metro AG, Dr. Hans- Joachim Körber, und WELT am SONNTAG- Chefredakteur Christoph Keese beim Management Forum am Dienstagabend, 28. März 2006, im Berliner Axel-Springer-Haus:
„Die Ladenschlußzeiten in
Deutschland sind überholt“, beklagt Körber die bestehenden
Strukturen, „die Diskussion darüber ist ein Glaubenskrieg und zeigt,
wie krank wir im Kopf sind“. Was in anderen Ländern bereits seit
Jahren gang und gäbe ist, sei hierzulande überfällig. Heftige Kritik
äußert Körber auch an der geplanten Mehrwertsteuer-Erhöhung: „Sie
wird sich konjunkturdämpfend auswirken“.
Ein Zukunftsmodell, das Metro in ihrem sogenannten „Future Store“
bereits vorstellt, sieht Körber in RFID-Systemen mit Chips, die
unterschiedlich große Datenmenge speichern können, den Preis der
Inhalte eines kompletten Einkaufswagens erfassen und die automatische
Abbuchung vom Kundenkonto ermöglichen. Noch sei dieses System teuer,
in 10 bis 15 Jahren, so prophezeit Körber, in Supermärkten jedoch
gängig. Auch im täglichen Konsum biete die neue Technologie Vorteile:
„Ihr Kühlschrank wird Ihnen dann z. B. signalisieren: Joghurt 3c
überfällig“.
Osteuropa ist einer der großen Wachstumsmärkte der Metro AG, als
weiteren Zukunftsmarkt definiert Dr. Hans-Joachim Körber ganz
deutlich Indien: „Indien ist ein Land, das für sich entschieden hat,
daß es sich industriell entwickeln will. Indien ringt nun mit sich,
ob es auf Massendistribution setzen will oder nicht.“ Trotz
schwieriger politischer und struktureller Bedingungen glaubt Körber
an das bevölkerungsstarke Land und das Durchsetzungsvermögen von
Metro: „Wir haben hier eine Pionierfunktion“.
Einen zukünftigen Verkauf von Real und Extra dementiert Körber
klar: „Wir werden unsere Probleme lösen und wieder auf die
Erfolgsspur gelangen.“ Personalabbau sei nicht geplant, „die
Ausnutzung von natürlicher Fluktuation reicht aus.“
Zur Metro gehört auch Kaufhof, dessen direkter Wettbewerber sind
die in Schwierigkeiten geratenen Karstadt-Warenhäuser. Thomas
Middelhoff wünscht er jedoch Erfolg, denn wenn Karstadt sterbe, dann
sei das auch ein großes Problem für den gesamten Einzelhandel in den
deutschen Innenstädten. Körber glaubt jedoch nicht, daß dies
eintreffe.
Christoph Keese entlockte dem Metro-Vorstandsvorsitzenden auch
persönliche Details: Wenn er einen anderen Beruf wählen sollte, dann
könnte Körber sich vorstellen, Brauerei-Vorstand zu sein. In einer
Fußballmannschaft sieht sich der ehemalige aktive Wasserball-Spieler
klar auf der Stürmer-Position. Zur Zeit habe es dem passionierten
Freizeit-Sportler jedoch das Rennrad-Fahren angetan. Auf seinem
Nachttisch liege zurzeit das Mao-Buch. Seine liebste Tugend: Fleiß.
Die Management Foren sind eine Veranstaltungsreihe der WELT am
SONNTAG. Chefredakteur Christoph Keese spricht mit
Führungspersönlichkeiten aus Großunternehmen über aktuelle Fragen aus
der Wirtschaft. Seine Gesprächspartner waren beispielsweise bereits
Wolfgang Mayrhuber (Lufthansa AG), Dr. Klaus Zumwinkel (Deutsche Post
AG), Hartmut Mehdorn (Deutsche Bahn AG) oder Dr. Michael Frenzel (TUI
AG).
Quelle: Pressemitteilung Axel springer AG