Bundesregierung rechnet mit Wachstumsplus durch niedrigen Ölpreis
Archivmeldung vom 29.12.2014
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Freigeschaltet durch Manuel SchmidtDie Bundesregierung rechnet damit, dass der niedrige Ölpreis Deutschlands Wachstum im kommenden Jahr um 0,2 bis 0,3 Prozentpunkte nach oben treiben wird. Das berichtet das Nachrichtenmagazin der "Spiegel" unter Berufung auf einen internen Vermerk des Bundeswirtschaftsministeriums.
Danach werde die Bundesrepublik im kommenden Jahr rund zwölf Milliarden Euro weniger an die Ölförderländer überweisen als 2014, heißt es laut "Spiegel" in dem Vermerk. Das sei ein Minus von fast 25 Prozent. Zugleich geht das Ressort von Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel laut des Berichts davon aus, dass die Phase niedriger Ölpreise noch mehrere Jahre anhalten wird. Es sei "eine lang anhaltenden Phase niedriger Ölpreise" zu erwarten, heißt es demnach in dem Vermerk.
Wegen der "globalen Angebotsausweitung" sei "bis zum Jahr 2018 nur mit einem leichten Anstieg der Ölpreise auf etwa 80 Dollar zu rechnen". Zuvor lag der Ölpreis über mehrere Jahre auf einem Niveau von deutlich über 100 Dollar.
Ökonom warnt vor globalen Gefahren durch Ölpreisverfall
Der Kieler Ökonom Dennis Snower, Präsident des Instituts für Weltwirtschaft, warnt vor gravierenden Gefahren für die Weltwirtschaft infolge des dramatischen Ölpreisverfalls. Förderländer wie Russland, Venezuela oder Iran gerieten aktuell erheblich unter Druck, die Krise dort könnte auf andere Schwellenländer ansteckend wirken: "In dieser fragilen Konstellation haben wir die Welt noch nicht erlebt", sagte Snower in einem Interview mit dem Nachrichtenmagazin "Der Spiegel".
Der Ölpreis der Sorte Brent ist seit dem Sommer um rund 40 Prozent gesunken. Snower hält als Folge der Preisabsturzes sogar eine Staatspleite Russlands für denkbar: "Wenn der jetzige Kurs anhält, ist ein solches Ereignis durchaus möglich." Eine Insolvenz hätte nach Einschätzung des Institutschefs weitreichende Implikationen: "Da käme die Psychologie ins Laufen."
Vor allem die Auswirkungen auf den Finanzsektor machen dem Ökonom Sorgen. Auch sechs Jahre nach der Krise seien die Märkte alles andere als stabil, so Snower. Nach wie vor gebe es systemrelevante Institutionen, die der Staat, wenn sie wackelten, retten müsse. Den direkten ökonomischen Nutzen des Ölpreisrutsches für Autofahrer oder Unternehmen hält Snower für begrenzt, der Rohstoff spiele keine so große Rolle wie früher.
Weit größere Beachtung verdienten die indirekten Folgen. Wenn Staaten in Bedrängnis kämen und instabil würden, könnten sie versuchen, durch aggressive Aktivitäten von der eigenen Misere abzulenken, warnt der Ökonom. Eine solche Entwicklung hätte "unabsehbare Folgen".
Den Förderländern brächen derzeit nicht nur die Einnahmen aus dem Ölgeschäft weg, sondern ihnen mache zugleich zu schaffen, dass sie in Dollar hoch verschuldet seien und der Dollar gegenüber ihren Währungen deutlich an Wert zulege. Nach Rechnung von Snower haben die Schwellenländer zusammen rund 3,1 Billionen Dollar an Schulden aufgehäuft.
Quelle: dts Nachrichtenagentur