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Wissenschaftler: Neue Korruptionsfälle zu erwarten

Archivmeldung vom 02.06.2010

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 02.06.2010 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt
Bild: Dieter Schütz / pixelio.de
Bild: Dieter Schütz / pixelio.de

Razzia bei der Deutschen Bahn, Staatsanwaltschaft bei Hypo Real Estate und Ferrostahl. Die Nachrichten, dass deutsche Unternehmen in Korruptionsermittlungen geraten sind, ebben nicht ab.

Professor Joachim Tanski, Experte für Corporate Governance an der Fachhochschule Brandenburg und Autor des Beck kompakt Ratgebers "Managerhaftung und Risikomanagement", wundert das nicht: "Die aktuellen Korruptionsfälle sind nur die Spitze des Eisbergs." Denn bis vor zehn Jahren war Korruption weitgehend straffrei und Bestechungsgelder minderten sogar legal als Betriebsausgaben die Steuerschuld. Wer dagegen heute als Manager zu sorglos agiert, gerät schnell ins Visir der Ermittler.

"Der notwendige Umdenkungsprozess von 'nützlichen Aufwendungen' zu 'schädlichem Verhalten' dauert mindestens eine Managergeneration", ist Professor Tanski überzeugt. "In den vergangenen Jahren wurde zu viel Zeit durch mangelnde Aufklärung verschenkt."

Korruption bedeutet das Ausnutzen einer Machtposition zum eigenen Vorteil. Leidtragende sind in der Regel Unbeteiligte wie Steuerzahler und Verbraucher, die für den aufkommenden Schaden zahlen müssen. Denn durch die Zahlung von Bestechungsgeldern erhöhen sich regelmäßig die Preise für Güter und Dienstleistungen. Doch wo fängt Korruption an, wo hört sie auf? "Geschenke sind unproblematisch, wenn es sich um geringe Werte bis zehn Euro handelt", erklärt Corporate Governance-Spezialist Tanski. Aber vorsicht! Entsteht durch die Annahme der Anschein einer verpflichtenden Abhängigkeit kann man auch hier von einer Bestechung sprechen.

Doch Korruption lässt sich durch eine konsequente Unternehmensführung vermeiden. "Gestalten Sie Geschäftsabläufe transparent und identifizieren Sie korruptionsgefährdete Arbeitsbereiche - häufig im Vertrieb", empfiehlt Joachim Tanski. Außerdem rät er Managern die Einführung des Mehr-Augen-Prinzips und des Rotationsprinzips in kritischen Bereichen. "Auch das Festhalten eines ausdrücklichen Korruptionsverbots in den Arbeitsverträgen hat abschreckende Wirkung." Bei Verstößen droht Freiheitsstrafe bis zu zehn Jahren.

"Trotzdem werden wir wohl noch längere Zeit mit Korruptionsfällen leben müssen", schätzt der Brandenburger Wissenschaftler und befürchtet: "Solange Investoren mit überzogenen Gewinnerwartungen den Druck auf die Unternehmensführung zu einer Ausrichtung an kurzfristigen Erfolgen aufrecht erhalten, wird sich kaum etwas ändern. Da helfen alle Ratschläge wenig."

Quelle: Verlag C.H.Beck oHG

 

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