Neues Gesetz soll vor Bespitzelung am Arbeitsplatz schützen
Archivmeldung vom 23.08.2010
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittNach monatelangen Verhandlungen hat sich die Bundesregierung nach Informationen der Tageszeitung "Die Welt" auf ein Gesetz zum Arbeitnehmerdatenschutz verständigt. In einem Referentenentwurf aus dem Haus von Innenminister Thomas de Maiziere (CDU), der mit den Ressorts für Wirtschaft, Arbeit und Justiz abgestimmt ist, heißt es, die Regierung wolle Beschäftigte an ihrem Arbeitsplatz vor Bespitzelungen schützen und den Unternehmen verbindliche Vorschriften für den Kampf gegen Korruption an die Hand geben. So soll die heimliche Videoüberwachung von Arbeitnehmern künftig ausnahmslos verboten sein.
In ersten Gesetzentwürfen de Maizieres aus dem März und Juni war der verdeckte Einsatz von Kameras noch unter bestimmten Voraussetzungen vorgesehen. Das aber traf auf die massive Kritik von Gewerkschaften sowie Datenschützern und wurde deshalb ersatzlos gestrichen. Auch das Ausspähen von Betriebsstätten, die überwiegend der privaten Lebensführung dienen, soll künftig unzulässig sein. Beispielhaft sind in dem Entwurf, der der "Welt" vorliegt, Sanitär-, Umkleide- und Schlafräume aufgeführt.
Offene Videoüberwachung beispielsweise an Firmeneingängen oder zur Qualitätskontrolle ist dagegen möglich, "soweit sie zur Wahrung wichtiger betrieblicher Interessen erforderlich" ist, Interessen der Angestellten nicht entgegenstehen und sie auf die Kameras hingewiesen werden. Erstmals umfassend gesetzlich geregelt wird das Bewerbungsverfahren. So darf ein Arbeitgeber künftig keine Daten mehr aus sozialen Internet-Netzwerken wie Facebook erheben, um sich über den Kandidaten zu informieren. Eine Ausnahme gilt nur für solche Internetdienste, die gerade der eigenen Präsentation des Bewerbers gegenüber möglichen Arbeitgebern dienen. Bei sonstigen allgemein zugänglichen Daten aus dem Netz gilt die Regel, dass sie von Firmen nur genutzt werden dürfen, sofern "das schutzwürdige Interesse des Beschäftigten an dem Ausschluss der Erhebung das berechtigte Interesse des Arbeitgebers" nicht über!
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Bewerber dürfen also gegoogelt werden, Grenzen der Informationsnutzung können sich aber daraus ergeben, wie alt der Interneteintrag ist und ob der Beschäftigte noch die Herrschaft über die Veröffentlichung hat. Der Gesetzentwurf stellt außerdem klar, dass ärztliche Untersuchungen nur dann zur Einstellungsbedingung gemacht werden dürfen, wenn der Gesundheitszustand des Bewerbers "eine wesentliche und entscheidende berufliche Anforderung zum Zeitpunkt der Arbeitsaufnahme" darstellt. Die Notwendigkeit eines Bluttests beispielsweise muss künftig nach diesem Maßstab begründet werden. Ähnliches gilt für Eignungstests.
Ausführlich widmet sich der Entwurf der Gratwanderung zwischen Datenschutz und Korruptionsbekämpfung. Umfangreiche Abgleiche von Mitarbeiterdaten (Screening) sind danach nur unter strengen Voraussetzungen erlaubt. Ein automatisierter Datenabgleich darf zunächst nur in anonymisierter Form erfolgen, erst bei einem konkreten Verdacht dürfen die Daten personalisiert werden. Dabei muss es um die Aufdeckung von Straftaten oder schweren Pflichtverletzungen gehen, es gibt Dokumentations- und Unterrichtungspflichten, und auf keinen Fall dürfen umfassende Persönlichkeitsprofile der Mitarbeiter erstellt werden. Geregelt werden auch die Bedingungen, unter denen Firmen die Telekommunikation ihrer Angestellten wie Telefonate oder Emailverkehr kontrollieren dürfen. Die Zugriffsmöglichkeiten sind dabei an weite Informations- und Dokumentationspflichten geknüpft und variieren je nach Art des Betriebs und der individuell vereinbarten Nutzung der technischen Anlagen.
Der Gesetzentwurf ist der Versuch, die Vielzahl von gerichtlichen Einzelfallurteilen zum Beschäftigtendatenschutz sowie einige allgemeingesetzliche Regelungen erstmals in einer Kodifikation zu bündeln und so die Rechtssicherheit von Arbeitnehmern und Betrieben zu erhöhen. Die Regierung reagiert damit auf die Datenaffären der vergangenen Jahre in großen Unternehmen wie Lidl, Deutscher Bahn oder Deutscher Telekom.
Quelle: dts Nachrichtenagentur