Experten sehen Metaller-Streiks relativ gelassen
Archivmeldung vom 31.01.2018
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Freigeschaltet durch André OttDie Eskalation des Tarifkonflikts in der Metall- und Elektroindustrie stößt bei prominenten Ökonomen auf ein geteiltes Echo. "Natürlich sind Streiks immer mit Kosten verbunden, die für beide Seiten anfallen", sagte der Vorsitzende des Sachverständigenrats, Christoph Schmidt, dem "Handelsblatt". Erfahrungsgemäß würden die Produktionsausfälle während eines Streiks aber zu einem guten Teil wieder wettgemacht, wenn der Ausstand zeitlich begrenzt sei.
Im aktuellen Tarifkonflikt gehe es mit dem Arbeitszeitthema eher um die Klärung grundsätzlicher Fragen. "Und für die zählt das Endergebnis, nicht der Streik selbst." Die IG Metall macht derzeit mit Tagesstreiks in rund 250 Betrieben zusätzlichen Druck in der bisher ergebnislosen Tarifrunde. Das Arbeitgeberangebot einer Entgelterhöhung von 6,8 Prozent für 27 Monate hatte die Gewerkschaft am Wochenende als zu niedrig abgelehnt zumal in dem Volumen auch die Kosten für die geforderte Arbeitszeitverkürzung schon eingepreist waren. Der Präsident des Ifo-Instituts, Clemens Fuest, warnt die Gewerkschaft aber, die Erwartungen ihrer Mitglieder zu hoch zu schrauben: "Wenn man Spielräume für kürzere Arbeitszeit einsetzt, stehen die eben nicht mehr für Lohnerhöhungen zur Verfügung", sagte er dem "Handelsblatt".
Angesichts wachsender Fachkräfteknappheit und hoher Beschäftigung erscheine es aber ohnehin fraglich, ob Arbeitszeitverkürzung der richtige Weg sei. Letztlich sollten die einzelnen Arbeitnehmer in Abstimmung mit den Unternehmen entscheiden, wie lange sie arbeiten möchten, empfiehlt Fuest. Der Chef des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), Marcel Fratzscher, sieht in der Eskalation im Metalltarifkonflikt nur den Auftakt für weitere konfliktgeladene Lohnrunden: Der Arbeitsmarkt brumme, die Arbeitslosigkeit habe ein Rekordtief erreicht und viele Unternehmen suchten händeringend nach Beschäftigten.
"Der gute Arbeitsmarkt stärkt die Verhandlungsmacht der Gewerkschaften. Der 24-Stunden-Streik könnte der Beginn eines lang anhaltenden und sich ausweitenden Konflikts zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern sein", sagte Fratzscher dem "Handelsblatt". Denn die Lohnentwicklung in den vergangenen 15 Jahren sei in Deutschland relativ schwach gewesen, die Gewinne der Unternehmen hingegen relativ hoch.
Quelle: dts Nachrichtenagentur