Porsche-Chef Blume: »Autonomes Fahren so verlockend wie eine Rolex fürs Eierkochen«
Archivmeldung vom 01.02.2016
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittIn absehbarer Zukunft wird Porsche in allen Baureihen Hybridversionen anbieten. Das kündigt der neue Vorstandsvorsitzende Oliver Blume (47) in der in Bielefeld erscheinenden Tageszeitung Westfalen-Blatt an. Schon 2018 wird der 911 als Plug-in-Hybrid mit einer rein elektrischen Reichweite von 50 Kilometern auf den Markt kommen. Höhepunkt der Elektrifizierungsoffensive des Sportwagenherstellers wird vermutlich ein Jahr später der Mission E sein. Klare Worte findet Blume zum Thema autonomes Fahren. »Das ist so verlockend wie eine Rolex fürs Eierkochen. Einen Porsche will man selbst fahren.«
Porsche-Chef Blume betont, dass auch ein Sportwagenhersteller auf die veränderten Ansprüche der Kunden reagieren muss. »Elektrifizierung, Digitalisierung und Konnektivität - das sind die großen Drei des Automobilbaus im neuen Jahrhundert.« Wichtig sei, wie das Kauf- und Nutzungsverhalten der Kunden auf neue Generationen übertragen werde, ohne dabei an den Grundfesten der Marke zu rütteln. »Auch wenn sich unser Angebot verändern wird: Wo Porsche drauf steht, muss immer Porsche drin sein.« Auf den Mission E bezogen heißt das: 600 PS Systemleistung. Von null auf Tempo 100 in weniger als 3,5 Sekunden. Die Runde auf der Nordschleife in weniger als acht Minuten.
Im Vergleich zu derzeit aktuellen E-Autos bedeutet der dann eingesetzte 800-Volt-Antrieb eine Spannungsverdoppelung. 80 Prozent der elektrischen Energie sind in etwas 15 Minuten nachgeladen. Die im Wagenboden liegende Unterbodenbatterie auf Basis der neuesten Lithium-Ionen-Technologie erstreckt sich im Mission E auf voller Länge zwischen Vorder- und Hinterachse. Das Drehmoment wird automatisch auf die einzelnen Räder übertragen.
Klare Worte findet Blume zum Thema autonomes Fahren. »Das ist so verlockend wie eine Rolex fürs Eierkochen. Einen Porsche will man selbst fahren.« Gleichwohl unterstreicht der Porsche-Chef, es sei fahrlässig, »wenn wir die stark veränderte Welt der Mobilität nicht zur Kenntnis nehmen und daraus unsere Schlüsse ziehen«. Blume spricht hier die Vernetzung an. »Es geht dabei vor allem um die richtige Kombination aus Bedienbarkeit und neuer Technologie. Unsere Autos sollen sich sinnvoll mit der Umgebung verbinden. Doch für uns gehört ein iPhone in die Tasche, nicht auf die Straße.«
Auch aus diesem Grund sieht er derzeit keinen Grund für eine Partnerschaft mit einem großen IT-Dienstleister. »Partnerschaften sind generell keine schlechte Idee, wenn die eigenen Kompetenzen nicht ausreichen. Wir aber sind zum einen Teil eines starken Konzerns und haben auf der anderen Seite nicht den Anspruch, auf diesem Feld vorneweg zu marschieren. Das überlassen wir anderen.« Ausdrücklich betont der Porsche-Vorstand aber, dass er Apple, Google und Co. bei deren Innovationen zum Thema Mobilität keinesfalls unterschätze. »Mich beeindruckt die Technologiedynamik dieser Unternehmen. Wir können davon nur lernen und wir müssen sehen, wie es um unsere Kompetenzen bestellt ist. Entweder wir haben sie oder wir müssen sie aufbauen.« Aber Blume sieht keinen Grund, Apple als Konkurrent zu fürchten. »Kann Apple einen vergleichbaren Porsche bauen? Nein. Will Apple einen Porsche bauen? Nein.«
Porsche hingegen will mit dem Mission E ein Auto bauen, das ein »dickes Ausrufezeichen für die Zukunft der Marke« setze. »Wir werden traditionelle Sportwagen-Gene aus unserer jahrzehntelangen Erfahrung mit frischen Ideen und mutigen Denkweisen verknüpfen. Aber nicht nur das. Die Investitionen in eine neue Baureihe bei Porsche ist immer auch ein Renditeversprechen.« Damit ist klar, dass sich die Zuffenhausener eine Menge vorgenommen haben. Schließlich belaufen sich die Investitionen für den Mission E nach Blumes Worten auf eine Milliarde Euro - 700 Millionen Euro davon am Stammwerk in Zuffenhausen. »Das zeigt, wie ernst wir die Sache nehmen. Wir experimentieren nicht herum, sondern sind davon überzeugt, das Richtige zum richtigen Zeitpunkt zu tun.« Eine neue Lackiererei, eine neue Montage sowie der Ausbau des Motorenwerks für die Herstellung der E-Antriebe und des Karosseriebaus bedeuten 1000 zusätzliche Arbeitsplätze.
Der derzeit so niedrige Ölpreis ist für Blume kein Grund, an der Strategie zu zweifeln, in die noch immer teure E-Mobilität zu investieren. »Man muss kein Hellseher sein, um beim Ölpreis wieder eine Gegenbewegung vorauszusagen.« Doch für den »Ruck in einen neue Zeit« wäre es schön, wenn Industrie und Politik an einem Strang ziehen würden. Dabei denkt der Porsche-Lenker weniger an Steuererleichterungen als an eine solide Ladeinfrastruktur. »Entscheidend aber sind unsere Innovationen. Marktführerschaft kommt nicht von Subventionen, sondern von überlegener Technologie.
Quelle: Westfalen-Blatt (ots)