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Arzneimittel-Hersteller Solvay soll Ärzten systematisch Geld gezahlt haben

Archivmeldung vom 26.09.2006

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 26.09.2006 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Jens Brehl

Der Arzneimittel-Hersteller Solvay soll niedergelassenen Ärzten systematisch Geld dafür gezahlt haben, dass sie seine Medikamente verordnen. Nach Informationen des ZDF-Magazins "Frontal 21" ließen Pharmareferenten des Unternehmens den beteiligten Ärzten diese Provisionen über Verrechnungsschecks oder als Bargeld zukommen, ausgewiesen als "Beraterhonorare".

Bundesweit sollen laut Schätzungen eines früheren Solvay-Mitarbeiters Tausende so genannter Beraterverträge ausgestellt worden sein. Die deutsche Solvay-Gruppe in Hannover setzte allein im vergangenen Jahr insgesamt rund 1,6 Milliarden Euro um – 293 Millionen Euro davon mit der Pharmasparte. Sie ist Teil des internationalen Chemie- und Pharmakonzerns Solvay mit Sitz in Belgien.

Solvay soll außerdem den Ärzten sogenannte Anwendungsbeobachtungen bezahlt haben, um den Absatz bestimmter Medikamente zu fördern, wie "Frontal 21" in der Sendung am Dienstag, 26. September 2006, 21.00 Uhr, weiter berichtete. Mit Anwendungsbeobachtungen werden normalerweise Erkenntnisse über die Wirkung zugelassener und registrierter Arzneimittel gesammelt. Doch in diesem Fall bezweifeln Experten den Nutzen dieser Studien. "Das Grundmuster ist immer so, dass Ärzte hier tätig werden und von der Pharmaindustrie Geld bekommen, aber letztendlich der Typus von Anwendungsbeobachtungen, was Dokumentation betrifft, was wissenschaftliche Auswertung betrifft, überhaupt nicht erfüllt ist", erklärte Gernot Kiefer vom Bundesvorstand der Innungskrankenkassen, der gleichzeitig Korruptionsbeauftragter der Spitzenverbände der Krankenkassen ist. Für ihn stelle sich die Frage, ob hier nicht eine strafbare Handlung vorliege, nämlich die der Bestechung im geschäftlichen Verkehr.

Professor Peter Schönhöfer von Transparency International bezweifelt generell den Sinn solcher Anwendungsbeobachtungen, für die die pharmazeutische Industrie nach seinen Erkenntnissen jährlich mindestens eine Milliarde Euro aufwendet. "Ein solcher Aufwand führt dazu, dass Verordnungen getätigt werden, die nicht nach den Regeln der besten Therapie, sondern der Entlohnung durchgeführt werden. Diese Form des Kaufens von Verordnungen verschlechtert die gesundheitliche Versorgung", so Schönhöfer. Seine Forderung deshalb: "Die Politik muss handeln und Anwendungsbeobachtungen verbieten."

Quelle: Pressemitteilung ZDF

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